USA 1952 Ein Bild und seine Geschichte: Als die US-Wahlen erstmals zum TV-Event wurden

TV-Studio von CBS
Die Wahl-Nacht als Live-Ereignis: 1952 berichtete der Sender CBS über den Stand der Auszählungen bei den Präsidentschaftswahlen. Für das Rennen um den Senat wurde eigens eine Wand mit Porträts der jeweiligen Politiker aufgebaut
© Al Fenn / The LIFE Picture Collection / Shutterstock
TV-Sender verwandelten die US-Wahlen 1952 in ein bis dahin beispielloses Fernseh-Spektakel. Erstmals sollte ein Computer den Wahlsieger vorhersagen – dessen Berechnungen allerdings hielt man für falsch

Hochbetrieb im Fernsehstudio: Der Nachrichtensprecher geht sein Skript durch, Redakteure hämmern auf Schreibmaschinen ein, Lektoren korrigieren eine Anmoderation, Kameraleute bringen ihre Geräte in Position. Riesige Wandtafeln samt Kandidatenporträts stellen das Rennen der Republikaner und der Demokraten um das Präsidentschaftsamt und den Senat grafisch dar. Eilig klemmen Mitarbeiter von Hand immer wieder die neuesten Zahlen aus den noch 48 Bundesstaaten an die Tafeln. Und über allem schwebt die Frage: Wer wird neuer US-Präsident? Der Republikaner Dwight D. Eisenhower oder der Demokrat Adlai Stevenson?

Es ist der 4. November 1952, später Abend, und die Mitarbeitenden im Studio schreiben Fernsehgeschichte: Sie verwandeln die US-Wahlen in ein TV-Spektakel. Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner können von ihren Wohnzimmern aus den Stand der Stimmenauszählung in Echtzeit mitverfolgen – und erleben, wie Nachrichtensprecher live vor der Kamera den Gewinner verkünden. Mit ihren Sondersendungen 1952 prägen die TV-Anstalten CBS und NBC die Wahlberichterstattung bis heute.  

Jeder dritte US-Haushalt verfügte 1952 über einen Fernseher

Bereits 1948 hatten TV-Sender über die Präsidentschaftswahlen live berichtet – allerdings vor einem überschaubaren Publikum: Weniger als ein Prozent der US-Haushalte verfügte überhaupt über einen Fernseher. Vier Jahre später ist bereits jeder dritte Haushalt mit solch einem Gerät ausgestattet. 

Und auch in der Berichterstattung hat sich einiges getan. 1948 schrieben Nachrichtensprecher die neuesten Zahlen handschriftlich auf Tafeln und hielten diese einfach in die Kamera. Dass zudem – entgegen allen Umfragen – der Demokrat Harry S. Truman gegen den Republikaner Thomas Dewey gewann, überrumpelte die Sender, die für diesen Fall offensichtlich nicht vorbereitet waren.

1952, so hatten es sich CBS und NBC vorgenommen, sollte alles professioneller ablaufen – und vor allem glanzvoller. Dafür bauten die Sender aufwendige Wandtafeln, um die Ergebnisse grafisch ansehnlicher zu präsentieren – dazu Porträts der Kandidaten mit ihren aktuellen Wahlmännerstimmen, eine große Landkarte der USA für die Auszählung einzelner Bundesstaaten und Schautafeln mit den Mehrheitsverhältnissen im Senat. 

Hatten die Demokraten einen Staat gewonnen, wurde dieser auf der Karte schwarz eingefärbt; gestreifte Flächen markierten einen Sieg der Republikaner. Die Grafiken von 1952 wurden zu den Vorläufern jener digitalen Darstellungen, die TV-Sender noch heute bei Wahlen zeigen.

An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Youtube integriert.
Aufgrund Ihrer Datenschutz-Einstellungen wurden diese Inhalte nicht geladen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

Vor allem aber führten CBS und NBC eine neue Technologie ein: den Computer. CBS mietete einen tonnenschweren und raumfüllenden UNIVAC des Herstellers Remington Rand. Das Gerät sollte auf Grundlage früher Wählerstimmen eine Hochrechnung erstellen – und den Sieger der Präsidentschaftswahlen voraussagen. Damit würde früher als je zuvor feststehen, wer der nächste US-Präsident sein würde. "Das ist kein Witz", erklärte der Nachrichtensprecher Charles Collingwood, als er das "elektronische Gehirn", wie er den Computer nannte, dem Publikum vorstellte.

Gegen 21 Uhr lieferte UNIVAC auf der Basis von drei Millionen abgegebenen Stimmen sein Ergebnis: Das elektronische Gehirn prognostizierte 438 Wahlmännerstimmen für Eisenhower und 93 für Stevenson. Ein überragender Erdrutschsieg für die Republikaner. Nur: Konnte das überhaupt stimmen? Hatten Meinungsforscher nicht ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Kandidaten vorhergesagt? CBS misstraute der neuen Technik – so sehr, dass die Computer-Hochrechnung unter Verschluss blieb. 

Stunden später wurde das finale Ergebnis bekannt gegeben: Eisenhower gewann mit 442 zu 89 Elektorenstimmen. Die UNIVAC-Prognose hatte fast exakt richtig gelegen.

"Wir hatten heute Nacht jede Menge Probleme. Seltsamerweise waren sie alle menschlich, nicht technisch", sagte ein Vertreter von Remington Rand später. "Wir hätten der Maschine glauben sollen!" Fortan waren Computer nicht mehr wegzudenken bei der TV-Berichterstattung zu Wahlen.