Preußen Die Schicksalschlacht bei Kunersdorf: Friedrichs dunkelster Moment

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Friedrich II. (Porträt von 1763)
In den ersten Kriegsjahren hat sich Friedrich II. den Ruf eines herausragenden Strategen erstritten. Doch von Osten her kontert nun immer energischer auch die Armee der russischen Zarin seine aggressive Außenpolitik. Die größte Sorge des Preußenkönigs: dass all seine Widersacher ihre Kräfte vereinen
© Wolfgang Pfauder / Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Nur wenige Stunden liegen am 12. August 1759 auf einem Schlachtfeld unweit der Oder zwischen einem schon sicher geglaubten glänzenden Triumph und einer desaströsen Niederlage. Am Ende jenes heißen Sommertages steht Preußen vor dem Abgrund, sein zuvor als brillanter Feldherr gefeierter König am Tiefpunkt des Krieges. Allein ein Wunder, so scheint es, kann Friedrich II. noch retten

Welchen Reim wohl werden sich die Staatsdiener in Berlin auf ihren König machen, wenn sie diesen Brief erhalten? "Mein Unglück ist, dass ich noch lebe", schreibt Friedrich der Große an seinen Kabinettsminister Karl Wilhelm von Finckenstein. "Ich habe keine Ressourcen mehr, und, um nicht zu lügen, ich halte alles für verloren."

Alles verloren? Wie kann das sein? Früher am Tag hat der Monarch schon einmal Kuriere nach Berlin gesandt – um einen überwältigenden Sieg vom Schlachtfeld bei Kunersdorf, 85 Kilometer östlich unweit der Oder gelegen, zu verkünden! Und nun dies: Von enormen Verlusten schreibt Friedrich nur Stunden später, von heilloser Flucht seiner Soldaten, von höchster Gefahr für die Hauptstadt. Düsterer schließlich kann kein Brief enden als diese neue Nachricht des Königs: "Ich werde den Untergang meines Vaterlands nicht überleben. Leben Sie wohl für immer."

Erschienen in GEO Epoche 04/2024