Es gibt Gerede am dänischen Hof. Dem Friseur der Königin fällt, so wird er es später vor Gericht zu Protokoll geben, irgendwann im Jahr 1770 ein neues Parfüm an Caroline Mathilde auf; Kammerfrauen meinen einen neuen, mit Granat besetzten Kreuzanhänger in ihrem Ausschnitt erspäht zu haben. Andere Bedienstete merken an, dass sie nicht stören dürften, wenn der Doktor bei der Königin sei. Er bleibe oft mehr als zwei Stunden, und dann verlasse sie den Raum mit zerzaustem Haar. Und sieht nicht die Prinzessin, die sie im Juli 1771 zur Welt bringt, dem Leibarzt des Monarchen ähnlicher als dem König?
Caroline Mathildes Mutter, im Sommer 1770 aus England angereist, wundert sich bei einem Treffen darüber, wie selbstbewusst ihre Tochter neuerdings ist. Als sie auf Englisch eine Unterhaltung beginnt, bedeutet ihr Caroline Mathilde, man möge doch Deutsch sprechen, damit alle folgen könnten. Der König spricht recht gut Englisch – nicht aber der ebenfalls anwesende Doktor.
Und als im Herbst desselben Jahres der schwedische Kronprinz in Kopenhagen weilt, ein Schwager von König Christian VII., ist er irritiert, dass sich dieser Parvenü von deutschem Mediziner gebärdet, als sei er der Regent: der 33-jährige Johann Friedrich Struensee.
Rasant ist Struensee vom Armenarzt, als der er noch 1768 in der holsteinischen Stadt Altona wirkte, zum königlichen Leibdoktor und schließlich zum wahren Herrscher Dänemarks aufgestiegen. Ein Bürgerlicher, der ebenso klug daherreden wie geheimnisvoll schweigen kann. Der sich den Ideen der Aufklärung verschrieben und Posten erhalten hat, die Angehörigen seines Standes sonst verschlossen bleiben – und nun Reformen vorantreibt, die das Königreich Dänemark zum Besseren verändern sollen.

Nie wohl hat im Norden Europas ein Mann ohne adelige Herkunft in so kurzer Zeit derart viel Macht erlangt wie Johann Friedrich Struensee. Viele Gerüchte ranken sich um den Arzt, dessen Karriere nicht unwesentlich auf der Gunst einer unglücklich verheirateten Königin und der eines Königs beruht, der späteren Historikern als geisteskrank und regierungsunfähig gilt.
Das Geraune, das in der Zeit seines Wirkens erst am dänischen Hof und schließlich in ganz Europa zu hören ist, über seinen rasanten Aufstieg und seine Affäre mit Caroline Mathilde, wird sich zu Empörung und Verschwörung, Klage und Anklage verdichten. Und so wird die Ära wie auch das Leben jenes Deutschen, der nicht nur den dänischen König, sondern auch dessen Reich zu kurieren suchte, jäh und grausam enden.