Macht dieser Mann den amerikanischen Traum wahr, für Tausende und Abertausende Menschen? Das Versprechen von schnellem Geld, von Aufstieg und Reichtum, das dieses Land allen gibt und nur für wenige einlöst?
Keine 1,60 Meter misst Charles Ponzi, ein Einwanderer, der, wie er später schreiben wird, mit 2,50 Dollar in der Hosentasche in den Vereinigten Staaten angekommen ist und seinen italienischen Vornamen Carlo amerikanisiert hat. Tiefe Lachfalten umgeben die schwarzbraunen Augen des schmächtigen Enddreißigers, und jeder, der ihn erlebt, ist beeindruckt von seiner Energie und der unzähmbaren Zuversicht, die er ausstrahlt.
Ein blauer Locomobile – glänzender Lack, Zierleisten aus Sterling-Silber und mit Pferdehaaren gepolsterte Sitze – trägt ihn an diesem schwülen Neuengland-Sommermorgen Ende Juli 1920 über das Kopfsteinpflaster der Altstadt von Boston. Mit Limousinen dieser Luxusmarke sind sonst nur Amerikas Präsidenten oder Mogule wie die Rockefellers unterwegs. Ponzi hat es einem New Yorker Millionär weggeschnappt, indem er dem Hersteller einfach ein Bündel Dollarscheine mehr auf den Tisch legte.
Ehrfürchtig teilt sich die Menge, als sein Chauffeur den Wagen in die schmale School Street lenkt, wo sich Ponzis Büro befindet. Hunderte warten davor, Männer und Frauen, junge Laufburschen, Familienväter, hier und da ein gepflegter alter Herr im Dreiteiler. Ein mächtiges Gedränge und Geschiebe. Sie alle lockt Ponzis Angebot, von dem ihnen ihre Nachbarn, Verwandten oder Arbeitskollegen erzählt haben.
Es klingt aber auch zu gut: Wer bei Ponzi einsteigt, erhält nach 45 Tagen das Anderthalbfache des investierten Betrags zurück, bei längerer Anlagezeit sogar noch mehr – mindestens 50 Prozent Gewinn, 100 Prozent sicher! Wer aussteigt, bekommt sein Geld zurück. Und bisher hat dieser Mann Wort gehalten.