Sie bewegen sich gemeinsam durch die äußeren Zonen der Milchstraße und sind uralt: Mit zwei großen Teleskopen hat ein internationales Team von Astronomen einen Strom aus 56 Sternen aufgespürt, der noch aus der Entstehungszeit unserer Galaxie stammt. Die Sterne des Stroms C-19 enthalten extrem wenig schwere Elemente, was ihr hohes Alter belegt, wie die Wissenschaftler im Fachblatt "Nature" schreiben.
"Sterne mit einem geringen Anteil an schweren Elementen sind Fossilien von Strukturen, die sich im jungen Universum gebildet haben", erläutern Nicolas Martin von der Universität Straßburg in Frankreich und seine Kollegen. Denn beim Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren entstanden lediglich Wasserstoff, Helium und ein wenig Lithium. Alle schwereren Elemente wurden durch Kernfusion im Inneren von Sternen gebildet. Sternwinde und Explosionen massereicher Sterne haben das Gas im Kosmos dann mit diesen schweren Elementen angereichert. Da aus diesem Gas wiederum neue Sterne entstanden sind, enthalten Sterne von Generation zu Generation einen immer höheren Anteil an schweren Elementen.
Eine Gruppe von Sternen, die sich gemeinsam bewegt
Astronomen haben in der Milchstraße bereits mehrere hundert Sterne aufgespürt, die im Vergleich zu unserer Sonne weniger als ein Tausendstel an schweren Elementen enthalten. Sie müssen also aus der Frühzeit des Universums stammen. Überraschend für die Himmelsforscher findet man derartige Sterne jedoch nicht in Kugelsternhaufen, die ansonsten als die ältesten Strukturen der Milchstraße gelten. "Wir haben daher bislang vermutet, dass die Protogalaxien, aus denen die heutigen Galaxien entstanden sind, zu wenig Masse enthielten, um Kugelsternhaufen zu bilden, die bis heute überleben konnten", so Martin und seine Kollegen.
Diese These muss nun verworfen werden. Im Rahmen einer Durchforstung der vom Astrometrie-Satelliten Gaia gelieferten Daten waren die Wissenschaftler auf den Sternstrom gestoßen – also eine Gruppe von Sternen, die sich gemeinsam bewegt. Mit zwei Großteleskopen, Gemini Nord und Gran Telescopio Canarias, nahmen die Forscher acht hellere Sterne des Stroms C-19 genauer unter die Lupe. Die Spektren der Sterne zeigen sämtlich einen sehr geringen Anteil an schweren Elementen, der etwa 0,05 Prozent der Häufigkeit in unserer Sonne entspricht.
Neuer Blick auf die Entstehung der ersten Strukturen im Kosmos
Aus den Eigenschaften der Sterne – im Wesentlichen ihrer Temperatur und ihrer Leuchtkraft – folgert das Team, dass der Sternstrom C-19 ursprünglich ein Kugelsternhaufen war, der durch die Gezeitenkräfte der Milchstraße zerrissen worden ist. "Es handelt sich damit um den Kugelsternhaufen mit dem geringsten Anteil an schweren Elementen, der je entdeckt worden ist", so die Forscher.
Das bedeute, dass es in der Vergangenheit – entgegen der bisherigen Annahme – doch Kugelsternhaufen mit sehr wenig schweren Elementen gab. Diese Entdeckung erlaube einen neuen Blick auf die Entstehung der ersten Strukturen im Kosmos – und sei auch eine Herausforderung für die bisherigen Modelle und Vorstellungen dieser Phase.