Im Laufe eines Jahres scheint die Sonne über das Firmament zu wandern. Von Monat zu Monat überschreitet sie einen anderen Teil des Himmelsgewölbes. Verantwortlich dafür ist natürlich nicht die Bewegung der Sonne, sondern die der Erde, die um die Sonne kreist und sich daher aus unterschiedlichen Positionen auf das Zentralgestirn und das hinter ihr liegende Himmelsgewölbe richtet.
Von der Erde aus aber sieht es aus, als wandere die Sonne über das Firmament. Diese Bahn wird als Ekliptik bezeichnet. Bis zum 23. November steht die Sonne vor dem Sternbild Waage, anschließend für wenige Tage vor dem Skorpion, vom 30. November bis zum 18. Dezember vor dem Sternbild Schlangenträger und dann bis zum 19. Januar vor dem Schützen.
 
    Wer regelmäßig Horoskope liest, könnte nun stutzen. Laut Astrologie steht die Sonne vom 23. November bis zum 21. Dezember im Schützen – und nicht erst ab dem 18. Dezember. Und was, bitte schön, ist das Sternbild Schlangenträger?
Um das Wirrwarr besser zu verstehen, müssen wir uns auf eine kleine Zeitreise begeben. Jahrtausende vor Christi Geburt unterteilten die ersten Astrologen die scheinbare Bahn der Sonne wie eine Torte in zwölf gleich große Abschnitte. Jedem Abschnitt wurde ein Sternzeichen zugeordnet. Diese Einteilung barg einige Willkür. Zum einen wurde ignoriert, dass die astronomischen Sternbilder verschieden groß sind, die Sonne entsprechend unterschiedlich lange bei ihnen verweilt und daher eigentlich auch die Abschnitte verschieden groß sein müssten.
 
    Vor allem aber ignorierten die Astrologen, dass die Sonne eigentlich 13 Sternbilder auf ihrer Bahn passiert. Das passte nämlich nicht zu den zwölf Monaten, an die die Abschnitte angepasst werden sollten. Der Einfachheit halber erhoben unsere Vorfahren nur zwölf Sternbilder zu Sternzeichen. Da seine Sterne vergleichsweise schwach strahlen, ließen sie den Schlangenträger aus, obwohl die Sonne ihn länger durchquert als den benachbarten Skorpion.
 
    Damit sind wir schon auf einen großen Unterschied zwischen den astronomischen Sternbildern und den astrologischen Sternzeichen gestoßen. Doch es existiert noch ein zweiter.
In der damaligen Zeit entsprach die Position der Sonne in den Sternbildern noch ungefähr dem Jahreslauf. Im Dezember stand sie im Sternbild Schütze, also in jenem Monat, der noch heute in der Astrologie als Monat des Schützen gilt. Doch mittlerweile passiert die Sonne das Sternbild eher im Januar.
Die Ursache für diese Veränderung ist die Präzession, eine durch die Anziehungskräfte von Mond und Sonne verursachte Taumelbewegung der Erdachse. So hat sich der Lauf der Sonne durch die Sternbilder in den vergangenen 2000 Jahren um etwa 30 Grad verschoben.
Das entspricht rund einem Monat, um den sich der astronomische Kalender im Vergleich zum astrologischen verschoben hat. Letzterer orientiert sich noch immer am Stand der Sterne zur Zeit der Antike. Wer den Stand der Sterne zur Zeit seiner eigenen Geburt recherchiert, stellt daher fest, dass die Sonne meist gar nicht im Abschnitt desjenigen Tierkreiszeichens stand, das laut den Horoskopen das eigene Leben bestimmen soll. Vielmehr stand sie meist in dem nachfolgenden Tierkreiszeichen. Besonders verwirrend ist es für die angeblichen Schützen, die zwischen dem 30. November und dem 18. Dezember geboren sind: Bei ihnen stand die Sonne im Sternbild Schlangenträger.
Astronomie und Astrologie haben also recht wenig miteinander zu tun. Astronomie ist Wissenschaft, Astrologie nicht. Dennoch glauben viele Menschen daran, dass sich ihr Sternzeichen sogar auf ihren Charakter auswirkt. Schützen sollen besonders optimistisch sein. Hoffen wir, dass die Menschen, die eigentlich im Schlangenträger geboren wurden, nicht in eine kleine Sinnkrise stürzen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
