Mehr als zehn Millionen Tiere starben im Jahr 2019 in Tierversuchen in der EU, allein in Deutschland waren es 2,2 Millionen. Dabei sind viele der durchgeführten Experimente gar nicht nötig. Denn es gibt alternative, tierfreie Testmethoden. Vorgeschrieben sind bestimmte Tests, etwa zur Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten, trotzdem. Zumindest in Deutschland und Europa.
In den USA hat Präsident Joe Biden nun ein Gesetz unterzeichnet, das den "Verbrauch" von Tieren in Tierversuchen entscheidend reduzieren könnte. Bislang musste die für die Zulassung von Medikamenten zuständige Behörde, die Food and Drug Administration (FDA), Daten von Experimenten mit mindestens zwei verschiedenen Tierarten anfordern. Erst danach durften die Pharmaunternehmen mit so genannten klinischen Experimenten an freiwilligen menschlichen Proband*innen und Patient*innen beginnen. Dadurch sollte sowohl die Sicherheit als auch die Wirksamkeit neuer Medikamente nachgewiesen werden: Ohne tote Tiere keine Experimente an Menschen – und keine Zulassung.
Diese Hürde entfällt nun mit dem neuen Gesetz. Werden Medikamente deshalb zukünftig weniger sicher oder wirksam sein? Das ist eine Sorge, die beim Verein "Ärzte gegen Tierversuche" niemand teilt. Im Gegenteil. Die Wissenschaftler*innen und Veterinär*innen loben den Schritt in einer Pressemitteilung als "einzigartigen Erfolg" – auch für die medizinische Forschung.
"Ärzte gegen Tierversuche": Das System Tierversuch hat versagt
"Eine große Menge Daten stellt das Versagen des veralteten, auf Tierversuchen basierten Systems deutlich dar", erklärt die Wissenschaftlerin Dilyana Filipova von "Ärzte gegen Tierversuche". Durchschnittlich 92 Prozent der Medikamentenkandidaten, die alle Tierversuche erfolgreich durchlaufen haben, würden später während der klinischen Studien an Menschen aussortiert – vor allem, weil sie nicht wirken oder erhebliche Nebenwirkungen hervorrufen.
Der Verein hebt hervor, dass es schon heute alternative, aussagekräftige Testverfahren gibt – darunter menschliche Mini-Organe, so genannte Organoide, Multiorgan-Chips und computerbasierte Verfahren.
Filipova verweist auf aktuelle Forschungen. So sei die Giftigkeit mehrerer leberschädigender Substanzen mit menschlichen Leber-Chips nachgewiesen worden, während dieselben Substanzen aufgrund früherer Tierversuche als "verträglich" eingestuft worden seien. "Solche Beispiele zeigen das Potenzial dieser Gesetzänderung, nicht nur zahllose Tiere vor qualvollen Versuchen und einem grausamen Tod zu bewahren, sondern auch eine bessere Sicherheit für die Patienten zu gewährleisten", so Filipova.
Zwar bleiben mit dem neuen Gesetz Tierversuche in den USA weiterhin erlaubt. "Ärzte gegen Tierversuche" hofft dennoch darauf, dass der Schritt die Entwicklung und die Anerkennung von tierfreien Testverfahren voranbringt und Vorbildcharakter auch für die EU und Deutschland hat: Der Anteil der so genannten regulatorischen Tierversuche liegt in Deutschland bei etwa 17 Prozent.