Japans Walfänger machen erstmals seit Jahren wieder Jagd auf Finnwale. Das Walfangunternehmen Kyodo Senpaku habe den ersten Finnwal erlegt, bestätigte ein Sprecher der zuständigen Fischereibehörde auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Tokio. Die Behörde hatte kürzlich für dieses Jahr eine Fangquote von 59 Finnwalen in japanischen Gewässern gebilligt. Internationale Tier- und Umweltschützer verurteilen Japans Walfang scharf.
Finnwale sind in der Roten Liste als "vulnerable", also "verletzlich" eingestuft. Das bedeutet, dass ein hohes Risiko besteht, dass sie in unmittelbarer Zukunft in der Natur aussterben. Derzeit gibt es etwa 100.000 Tiere. Auch Island macht Jagd auf die Tiere, dort dürfen in dieser Saison insgesamt 128 Finnwale gefangen werden.
Harsche Kritik und juristisches Tauziehen um Anti-Walfang-Aktivist Paul Watson
"Der kommerzielle Walfang ist grausam, unnötig und vollkommen aus der Zeit gefallen. Japan muss diese unsinnige Praxis sofort einstellen und sollte stattdessen gemeinsam mit der Weltgemeinschaft an dringend benötigen Lösungen zum Schutz der Meere arbeiten", erklärte Andreas Dinkelmeyer, Kampagnenleiter der Tier- und Umweltschutzorganisation IFAW (International Fund for Animal Welfare) in Deutschland.
Die Wiederaufnahme der Jagd auf Finnwale fällt zusammen mit einer Eskalation im Streit zwischen dem Tierschützer Paul Watson, Gründer der Organisaiton "Sea Shepherd", und verschiedenen Walfangnationen. Watson wurde im Juli in Grönland aufgrund eines von Japan ausgestellten internationalen Haftbefehls festgenommen. Eine Entscheidung der dänischen Justiz über eine Auslieferung wird bis zum 15. August erwartet. Im Fall einer Auslieferung drohen Watson nach Presseberichten bis zu 15 Jahre Haft. Gegen die Inhaftierung und mögliche Auslieferung protestierten unter anderen der französische Präsident Macron, der Filmregisseur James Cameron und die Primatologin Jane Goodall.
"Jane Goodall und die Mitglieder des Wal- und des Ethikausschusses des Jane-Goodall-Instituts verurteilen unmissverständlich die Praxis des Walfangs und lehnen es entschieden ab, Personen zu verhaften, die ihr Mitgefühl und ihre Sorge um das Wohlergehen, die Erhaltung und den Schutz von Walen und anderen Tieren dieser Arten zeigen", heißt es in einer Mitteilung. Watson ergreife lediglich Maßnahmen, um die unmenschliche Praxis des Tötens von Walen zu verhindern, die in den meisten Ländern schon vor Jahrzehnten verboten wurde. "Damit bringt er die Wut tausender Menschen in vielen Ländern zum Ausdruck, die seine Zivilcourage, nicht nur im Namen der Wale zu sprechen, sondern auch zu handeln, absolut unterstützen."
Japan rechtfertigt Wiederaufnahme der Jagd
Der Sprecher der japanischen Fischereibehörde sagte dagegen, Japan handele auf Basis wissenschaftlicher Ergebnisse. Demnach hätten eigene Untersuchungen ergeben, dass es im Nordpazifik viele Finnwale gebe. Japan hatte 2019 nach drei Jahrzehnten erzwungener Pause erstmals wieder die kommerzielle Jagd auf Wale aufgenommen, nachdem das asiatische Land zuvor aus der Internationalen Walfangkommission (IWC) ausgetreten war. Der Grund für den Austritt war Japans Frust über das seit 1986 geltende Walfang-Moratorium. Tokio kämpfte vergeblich für die Wiederzulassung der kommerziellen Jagd. Das Land beschränkt sich seither bei der Jagd auf seine territorialen Gewässer und seine Wirtschaftszone.
Bisher machte Japan Jagd auf drei Arten: Zwergwale, Brydewale und Seiwale. Nun ist auch der Finnwal, das zweitgrößte lebende Säugetier, Ziel der Walfänger. Japans Regierung behauptet, die Bestände der Meeressäuger durch die kommerzielle Jagd nicht in Gefahr geraten zu lassen. Tatsächlich ist Walfang für Japans Regierung seit langem zu einer Frage der nationalen Souveränität geworden.
Dabei war es einst die amerikanische Besatzungsmacht, die das ostasiatische Land nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg dazu drängte, für die damals hungernde Bevölkerung Wale zu schlachten, um sie mit Proteinen zu versorgen. Doch das ist schon lange her. Heute findet das dunkle Walfleisch in dem wohlhabenden Inselstaat nur noch wenige Liebhaber.