Es ist erstaunlich, wie leicht bestimmte Dinge von der Hand gehen können: Wie selbstverständlich absolvieren manche Menschen eine morgendliche Jogging-Runde, kochen begeistert für Freunde, oder stürzen sich voller Energie in ein berufliches Projekt. Sie müssen sich dazu kaum aufraffen, kaum anstrengen.
Denn das, was sie tun, bereitet ihnen unmittelbare Freude. Sie sind "intrinsisch" motiviert, wie Psychologinnen und Coaches sagen. Es ist die vielleicht stärkste Form der Motivation, die Menschen kennen: etwas zu tun, weil es positive Gefühle herruft. In diesen Fällen gilt: Der Weg ist das Ziel. Das Tun an sich befriedigt.
Und dann sind da Dinge, die sich dieselben Personen fest vornehmen, und an denen sie dennoch scheitern. Schlicht, weil es ihnen unglaublich schwerfällt, in den Tritt zu kommen und Kurs zu halten. Bei diesen Zielen ist das Tun, die eigentliche Handlung eher Mittel zum Zweck. Jemand verfolgt womöglich die Absicht, gesünder zu leben und verordnet sich daraufhin eine Sportroutine, der Sport aber quält ihn.
Handlungen fallen uns leichter, wenn sie in unser Selbst eingebunden sind
Das Problem dabei: Solche "extrinsisch" motivierten Handlungen erledigen wir in der Regel äußerst ungern. Vor allem dann, wenn wir uns nur wenig mit ihnen identifizieren können, wenn sie nicht in unser Selbst eingebunden sind. Sagen wir, ein Single möchte neue Menschen kennenlernen. Er ist aber schüchtern und kann sich aufgrund seines Naturells kaum überwinden, auf Fremde zuzugehen.
Sein Ziel ist klar, aber die Hürde, dieses Ziel zu erreichen, erscheint immens hoch. Mit anderen Worten: Er benötigt eine gehörige Portion Willenskraft, um aktiv zu werden. Und die aufzubringen, ist nicht allen immer möglich. Zu verlockend mag die eigene Komfortzone erscheinen – zu sehr das Bedürfnis überwiegen, einfach nichts zu tun.
Doch es gibt Techniken, mit deren Hilfe es gelingen kann, sich selbst zu überwinden. Eine effektive Methode, um etwas zu tun, was eigentlich unangenehme Gefühle hervorruft, geht davon aus, dass es allein darauf ankommt, den ersten Schritt zu schaffen. Die Methode heißt daher auch "Rubikon-Methode", das psychologische Modell dahinter "Rubikon-Modell".
Nach dem Überschreiten des Rubikons gibt es kein Zurück mehr
Historisch bezeichnete das Wort einen Grenzfluss zwischen der römischen Provinz Gallia cisalpina und dem eigentlichen Italien. Als Caesar mit seinen Truppen den Fluss 49 v. Chr. überschritt, war dies gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung an den Römischen Senat. Bis heute gilt: Hat man den Rubikon überschritten, gibt es kein Zurück mehr. Dann folgt eines aus dem anderen.
Um sich zu Unliebsamem zu motivieren, gilt es also, seinen eigenen Rubikon zu identifizieren. Welche Schwelle muss ich nehmen, damit ich garantiert in Aktion trete? Für jede und jeden kann diese Schwelle ein wenig anders aussehen. Manche Sportmuffel haben festgestellt: Wenn die Trainingstasche fertiggepackt im Flur steht, gehen sie nach der Arbeit auch ins Fitnessstudio.
Für andere gibt es kein Zurück mehr, sobald sie in Joggingschuhen das Haus verlassen haben. "Um das Hindernis überwinden zu können, ist es wichtig, sein Vorhaben zu konkretisieren", sagt der Sportpsychologe Jens Kleinert. Also persönliche, möglichst konkrete Handlungsanweisungen zu entwerfen. "Je genauer der Plan, umso einfacher ist es, ihm zu folgen."
Eine Allianz mit anderen kann zum Motor für Veränderung werden
Wem es also schwerfällt, neue Kontakte zu knüpfen, überschreitet seinen Rubikon vielleicht dadurch, indem er sich bei einem Kochkurs anmeldet. Schon kommt ein Automatismus in Gang, macht sich derjenige leichter auf den Weg. Wer eine Zusatzausbildung anstrebt, aber nicht in die Gänge kommt, dem hilft es vielleicht, umgehend die ersten Gebühren zu zahlen. Jemand möchte sein Lampenfieber in Bürosituationen bezwingen? Ein guter Rubikon könnte sein, seinen Kolleginnen und Kollegen einen Vortrag mit festem Datum anzukündigen.
Überhaupt: Andere in seine Ziele einzubeziehen, ist laut Jens Kleinert eine der wirkmächtigsten Strategien, um Handlungspläne auszulösen und eigenes Verhalten zu steuern. Am besten bindet man jemanden ein, der ähnliche Motive hat. "Allein die Tatsache, dass zwei Menschen das gleiche Ziel verfolgen, führt dazu, dass diese beiden plötzlich eine Allianz bilden", so Kleinert. Die Allianz wiederum könne schließlich zur eigentlichen Motivation werden. Zum Motor für Veränderung.
Man muss nur anfangen.