Unterhaltungen über Sex sind häufig von vorsichtigem Herantasten und verschämten Umschreibungen geprägt. Nicht so bei Patricia Brennan. Begriffe wie "Penis", "Vagina" und "Klitoris" gehören zum beruflichen Standardvokabular der Evolutionsbiologin. Über ihre Forschungsobjekte spricht sie mit Humor und Enthusiasmus.
GEO: Professor Brennan, Sie haben einen Abschluss in Meeresbiologie. Wie wurden Sie zur Fachfrau für die Evolution tierischer Geschlechtsteile?
Patty Brennan: Ich habe Steißhühner in Costa Rica beobachtet. Diese Vögel legen wunderschöne türkisfarbene Eier. Ich wollte wissen, welchen evolutionären Vorteil die auffällige Farbe hat. Da sah ich plötzlich ein Männchen, aus dessen Kloake dieses raue, seltsam geformte Ding hing. Erst als er es einzog, wurde mir klar: Das ist sein Penis. Damals arbeitete ich an der Cornell University, die weltweit eine der größten Forschungsgruppen für Ornithologie hat. Aber ich hatte noch nie jemanden über Vogelpenisse sprechen hören. Die meisten Arten besitzen lediglich eine Kloake – eine Öffnung, die sowohl zur Ausscheidung als auch zum Geschlechtsverkehr dient. Als ich zu recherchieren begann, wurde mir klar, wie wenig über die Genitalien von Vögeln bekannt war. Für mich war es die Chance, ganz neue Forschungsfragen zu stellen. Tiergenitalien sind ein sehr ergiebiges Thema für eine Evolutionsbiologin: Sie sind unglaublich vielgestaltig, und sie sind einem hohen Selektionsdruck ausgesetzt.
Menschliche Geschlechtsteile erscheinen mir relativ simpel. Die Tierwelt hat offenbar deutlich mehr zu bieten.
Absolut! Genitalien im Tierreich sind so einzigartig, dass sich mit ihrer Hilfe sogar äußerlich identische Spezies, etwa manche Käferarten, unterscheiden lassen. Penisse beispielsweise können ganz verschieden geformt sein.