Neue Studie Erhöhte Körpertemperatur bei Depressionen: Kann Schwitzen das Seelenleid lindern?

Das Gesicht eines Mannes der schwitzt
Je schwerer die Depression, desto höher ist die Körpertemperatur. Schwitzen, etwa in der Sauna, könnte Symptome lindern
© knape / Getty Images
Eine neue Studie mit über 20.000 Betroffenen zeigt, dass Menschen mit Depressionen eine erhöhte Körpertemperatur haben. Diese Erkenntnis könnte ganz neue Behandlungswege ermöglichen. Wer den Körper durch Schwitzen in der Sauna selbst runterkühlt, könnte nach dieser Therorie möglicherweise seine Depression lindern

Rund fünf Millionen Deutsche haben Depressionen. Was Betroffenen hilft, ist eine Therapie beim Psychologen – und bei mittelschweren bis schweren Depressionen zusätzlich die Einnahme von Antidepressiva. Allerdings schlagen die Medikamente bei mindestens 30 Prozent nicht an. Aus diesem Grund suchen Forschende nach neuen Behandlungsmethoden – und könnten jetzt fündig geworden sein.

Schon in den vergangenen Jahren konnten verschiedene Studien zeigen, dass Menschen mit Depressionen eine erhöhte Körpertemperatur aufweisen. Da die jeweils geringe Stichprobengröße zu viel Raum für Zweifel ließ, hat eine Gruppe von Forschenden diesen Zusammenhang nun an 20.880 Personen aus 106 Ländern untersucht. Damit ist die Studie die mit Abstand größte zu diesem Thema.

Je schwerer die Depression, desto höher die Körpertemperatur

Unter der Leitung des Teams der University of California San Francisco (UCSF) wurden Daten der Teilnehmenden über sieben Monate hinweg gesammelt. Die Betroffenen haben ihre Temperatur mit Sensoren selbst gemessen und übermittelt. 

Das Ergebnis: Betroffene hatten eine höhere Körpertemperatur. Je schwerer die Depressionssymptome, desto höher war die Temperatur. 

Für den Zusammenhang könnte es laut der Forschenden mehrere Gründe geben: unter anderem Stoffwechselprozesse, psychischer Stress oder eine Entzündung im Körper, ausgelöst durch eine Erkältung oder Grippe, Rheuma oder eine Allergie. Tatsächlich konnten etliche Studien zeigen, dass Entzündungen im Körper zu Depressionen führen können. Der Grund: Bei einer Entzündung im Körper zirkulieren sogenannte Zytokine im Gehirn. Diese Proteine bremsen die Ausschüttung von Glückshormonen. 

Gang in die Sauna könnte Symptome einer Depression lindern 

Doch ganz egal, was genau bei Depressionen zum Anstieg der Temperatur führt – den Körper herunterzukühlen könnte ein Ansatz für eine neue Therapiemethode sein. Frühere Untersuchungen an kleinen Stichprobengruppen haben bereits ergeben, dass der Gang in die Sauna Symptome einer Depression lindern kann. "Ironischerweise kann das Aufwärmen von Menschen tatsächlich zu einem erneuten Absinken der Körpertemperatur führen, das länger anhält, als wenn man Menschen einfach direkt abkühlt, beispielsweise durch ein Eisbad", sagt UCSF-Psychiaterin Ashley Mason in einem Beitrag auf der Webseite der Universität. "Was wäre, wenn wir die Körpertemperatur von Menschen mit Depressionen verfolgen könnten, um den richtigen Zeitpunkt für wärmebasierte Behandlungen zu finden?"

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Allerdings gibt es für den Zusammenhang, dass eine Depressionen zu einer höheren Körpertemperatur führt und umgekehrt, auch bei dieser großangelegten Studie aus Kalifornien keine statistische Signifikanz. Manche Experten sehen die Ergebnisse daher kritisch. Die selbstgemessenen Angaben könnten zudem fehlerhaft sein, außerdem könnten auch andere Faktoren wie die Wechseljahre zu Wärme im Körper führen, so die Kritik. Dennoch lohnt es sich, den Zusammenhang zwischen Temperatur und Depressionen und die "Sauna-Therapie" weiterhin zu untersuchen. Denn der Zusammenhang besteht – und könnte Menschen helfen.