Übertragung durch Mücken Chikungunya in Europa: Wie gefährlich ist das Tropen-Virus?

Asiatische Tigermücke überträgt das Chikungunya-Virus
Die Asiatische Tigermücke breitet sich in Europa aus und überträgt das tropische Chikungunya-Virus
© Joao Paulo Burini / Getty Images
Immer mehr Menschen in Italien und Frankreich infizieren sich mit dem Chikungunya-Virus, auch aus Köln wurde nun ein erster Fall gemeldet. Fachleute warnen vor den Folgen

Immer mehr Krankheitsfälle und immer wieder neue Ausbrüche: Das tropische Chikungunya-Virus breitet sich in beliebten Touristenregionen Europas aus. In Italien verzeichnen die Behörden in diesem Jahr bereits 364 Fälle (Datenstand 30. September), ein Großteil davon in den Regionen Emilia-Romagna und Venetien. Der erste Fall trat Mitte Juli bei einem älteren Mann in Castel San Giovanni (Provinz Piacenza, Emilia-Romagna) auf – ohne vorherige Auslandsreise.

In Frankreich wurden bislang sogar 637 lokal übertragene Chikungunya-Fälle erfasst (Datenstand 7. Oktober). Besonders betroffen mit insgesamt 353 Infektionen ist das Département Alpes-Maritimes (Provence-Alpes-Côte d’Azur). Aber auch Korsika, Burgund, der Großraum Paris und die Grenzregion zu Deutschland weisen höhere Fallzahlen auf.

Prof. Dr. med. Tomas Jelinek, medizinischer Direktor des Berliner Centrums für Reise- und Tropenmedizin (kurz BCRT) und wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin, stellt fest: "Hierbei handelt es sich nicht um einen größeren Ausbruch, sondern um mehrere kleinere Cluster. Das bestätigt einmal mehr die hohe Wahrscheinlichkeit von Übertragungen in Europa während der warmen Jahreszeit."

Ein erster Krankheitsfall aus Köln wurde jetzt am 8. Oktober gemeldet: Ein Patient hat sich mit dem tropischen Virus infiziert und leidet nun unter dem Chikungunya-Fieber.

Was für eine Krankheit ist Chikungunya?

Chikungunya ist eine tropische Virusinfektion, die durch Aedes-Stechmücken – vor allem Aedes albopictus (Asiatische Tigermücke) und Aedes aegypti (Gelbfiebermücke) – übertragen wird. Der Name bedeutet "Der gekrümmt Gehende" und stammt aus der Sprache der Makonde in Tansania. Er bezieht sich auf die gekrümmte Haltung vieler Erkrankter – ein Hinweis auf die teils ausgeprägten Gelenkschmerzen, die im Rahmen der Infektion auftreten können.

Ein Auto sprüht in Nizza Insektizide auf einer Straße
25.9.2025: Ein Auto sprüht in Nizza Insektizide auf einer Straße während einer von der regionalen Gesundheitsbehörde (ARS) angeordneten Moskito-Bekämpfungsaktion. Die Verbreitung der Tigermücke und die vermehrten Fälle des Chikungunya-Virus beunruhigt die französischen Behörden
© Manon Cruz / REUTERS

Die Krankheit ist besonders in zahlreichen afrikanischen Ländern, im Süden und Südosten Asiens sowie seit einigen Jahren auch in Mittel- und Südamerika verbreitet. Allein in Brasilien wurden in den vergangenen Monaten Zehntausende Chikungunya-Fälle erfasst.

Wie gefährlich ist eine Infektion mit dem Chikungunya-Virus?

Chikungunya ist meist nicht tödlich, aber sehr unangenehm. Die Symptome der Viruserkrankung ähneln denen von Dengue: Typische Anzeichen einer Erkrankung sind 

  • plötzlich einsetzendes Fieber,
  • starke Gelenkschmerzen vor allem an Händen und Füßen,
  • Kopfschmerzen,
  • Hautausschlag und
  • Erschöpfung

Bei Säuglingen, älteren Menschen und Personen mit geschwächtem Immunsystem kann es zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen. Todesfälle sind selten. Die Gelenkschmerzen können Wochen bis Monate anhalten. 

Wie hoch ist das Risiko für eine Ansteckung in Europa?

Mit der globalen Erwärmung und der Ausbreitung der Asiatischen Tigermücke gibt es auch in Europa ein zunehmendes Risiko für lokale Übertragungen. Bereits 2007 und 2017 kam es in Italien zu größeren lokalen Ausbrüchen, nun erneut. Auch in Frankreich und Spanien wurden in den vergangenen Jahren immer wieder lokale Übertragungen – sogenannte autochthone Fälle – erfasst.

Die Überträger Aedes aegypti und Aedes albopictus haben sich zunehmend in Europa verbreitet. Die Mückenart Aedes albopictus ist mittlerweile in mehreren Ländern etabliert – darunter Frankreich, Italien, Portugal. Inzwischen hat sich die Mückenart an städtische Lebensräume und ein kühleres Klima angepasst – ein entscheidender Faktor für eine mögliche weitere Ausbreitung in Europa.

Auch hierzulande wurden die Mücken bereits in mehreren Regionen nachgewiesen, betroffen sind unter anderem Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Die Mücken legen ihre Eier gern in kleinen Wasseransammlungen ab, etwa in Blumentöpfen, Vogeltränken und alten Autoreifen.

Gibt es viele importierte Fälle?

In diesem Jahr definitiv. Dem RKI zufolge kamen vergleichsweise viele infizierte Reisende aus Ländern mit großen Chikungunya-Ausbrüchen zurück, vor allem aus Mauritius und dem französischen Überseegebiet La Réunion. Dem Epidemiologischen Bulletin 40/2025 des RKI zufolge wurden 2025 bereits 128 Fälle erfasst (Datenstand 28.9.) – im Jahr davor waren es im Vergleichszeitraum lediglich 32. 

Wie kommt es zu lokalen Übertragungen?

Lokale Übertragungen in Europa gehen darauf zurück, dass ein zurückkehrender Reisender das Virus im Blut hat. Wird er bald darauf – das Virus bleibt meist nur wenige Tage im Blut – von einer Tigermücke gestochen, hat der Erreger einen weiteren Schritt geschafft. Die Mücke muss dann aber noch lange genug leben, um Wochen später für eine erneute Blutmahlzeit weitere Menschen zu stechen und das Virus so weiterzugeben, wie es beim RKI heißt. Nach einer überstandenen Chikungunya-Infektion besteht in der Regel eine lebenslange Immunität gegen das Virus.

Sollte man sich gegen das Virus impfen lassen?

Die Ständige Impfkommission empfiehlt Menschen ab zwölf Jahren, die in ein Gebiet mit aktuellem Ausbruchsgeschehen reisen, eine Impfung mit einem der beiden verfügbaren Impfstoffe. Tomas Jelinek, medizinischer Direktor des Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin, hält diese Empfehlung allerdings für unzureichend: "Die Indikation kann sich verändern, denn es ist schwer vorhersehbar, wo und wann es einen neuen Ausbruch geben wird. Daher empfehlen wir die Impfung für jeden, der in ein Land mit Ausbruch fährt und zusätzlich erwägen wir sie für jeden, der in ein Gebiet fährt, wo ein Ausbruch möglich ist." Auch die Deutsche Fachgesellschaft für Reisemedizin (DFR) unterstützt diese erweiterte Perspektive.

Blutprobenröhrchen für die Chikungunya-Virus-Testanalyse
Eine medizinische Fachkraft untersucht ein Blutprobenröhrchen für die Chikungunya-Virus-Testanalyse
© Adobe Stock

Zwei zugelassene Impfstoffe stehen in der EU zur Verfügung und können nach ärztlicher Beratung verabreicht werden. Der Totimpfstoff Vimkunya® ist ab 12 Jahren zugelassen. Alternativ gibt es den Lebendimpfstoff Ixchiq®. 

Weitere Vorsicht und Vorsorge wichtig

Eine weitere wichtige Prävention ist der Schutz vor Mückenstichen. Die Überträger der Gattung Aedes sind tagaktiv. Darum rät das BCRT insbesondere in den frühen Morgenstunden und am späten Nachmittag zu einem ausreichenden Mückenschutz – unabhängig davon, ob man sich auf dem Land oder in der Stadt befindet.

Empfohlene Maßnahmen sind die Verwendung von repellentienhaltigen Insektenschutzmitteln, das Tragen von langer, heller Kleidung und der Einsatz von Moskitonetzen. Die Imprägnierung von Kleidung mit permethrinhaltigen Mitteln bietet zusätzlichen Schutz. Seit Januar 2025 unterliegen diese Produkte jedoch neuen EU-Regelungen und sind nicht mehr im klassischen Reise- oder Outdoorhandel verfügbar, sondern nur noch mit Beratung in Apotheken erhältlich.

"Demnach sollte vor dem Reiseantritt eine rechtzeitige Vorsorge getroffen werden – ergänzt durch eine Einschätzung des aktuellen Infektionsgeschehens kurz vor Abreise", empfiehlt Prof. Dr. Tomas Jelinek.

mit Material der dpa/Annett Stein sowie des Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin