Wahrnehmung Magie des Augenblicks: Warum häufiges Blinzeln unsere Sicht verbessert

Seitliche Nahaufnahme eines geöffneten Auges, blaue Augenfarbe.
Blinzeln verschafft uns einen besseren Überblick über die Szenerie, die sich vor unseren Augen abspielt
© Virginie Vaes / Getty Images
Wer blinzelt, sieht weniger, könnte man meinen. Schließlich empfängt unser Auge keine Informationen, wenn es geschlossen ist. Doch eine neue Studie zeigt: Überraschenderweise nehmen wir durch Blinzeln sogar mehr wahr

Menschen verbringen erstaunlich viel Zeit mit Blinzeln. Schätzungsweise schließen wir im Schnitt mehr als 14.000 Mal am Tag für 0,3 Sekunden die Augenlider. Viele glauben, dass diese Bewegung nur dazu dient, die Hornhaut mit einem Tränenfilm zu benetzen. Allerdings blinzeln wir deutlich häufiger als zu diesem Zweck nötig wäre. Eine neue Studie zeigt nun: Obwohl beim Blinzeln für einen kurzen Moment gar kein Licht in die Augen fällt, schärft es dennoch unsere Sehkraft.

Schon länger gibt es Hinweise, dass Blinzeln uns dabei hilft, Objekte zu erkennen, das Gehirn zu entlasten und die visuelle Informationsflut in praktische Häppchen zu zerteilen. Dass aber Blinzeln auch die unmittelbare Sicht verbessert, ist neu.

Blinzeln moduliert den Lichteinfall ins Auge

Für die Studie, die in der Fachzeitschrift "PNAS" erschienen ist, lud das Team um Bin Yang von der University of Rochester zwölf Testpersonen ins Labor ein. Auf einem Bildschirm sollten diese 2,5 Sekunden lang unterschiedlich detaillierte Muster betrachten. Die Forschenden verfolgten dabei die Augenbewegungen mittels Eye-Tracking. Außerdem errechneten sie mit komplexen Modellen den Lichteinfall ins Auge.

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Dabei stellten sie fest, dass die Bewegung des Augenlids beim Blinzeln die Intensität des Lichts, das auf die Netzhaut fiel, veränderte. Dadurch entstand ein vielschichtigeres optisches Signal, als wenn die Teilnehmenden ohne zu blinzeln auf den Bildschirm starrten. Dies geschah unabhängig davon, ob die Versuchspersonen willkürlich oder nach Aufforderung blinzelten.

Die visuelle Wahrnehmung wird empfindlicher

Der veränderte Lichteinfall wirkte sich offenbar positiv auf die Wahrnehmung aus: Die Probandinnen und Probanden konnten durch Blinzeln Veränderungen in den Mustern auf dem Bildschirm besser erkennen und sich somit ein vollständigeres Gesamtbild machen. Dieser Effekt trat sogar dann auf, wenn der Bildschirm "blinzelte", sich also für den Bruchteil einer Sekunde verdunkelte.

"Durch die Modulation des visuellen Inputs auf der Netzhaut wird die visuelle Information beim Blinzeln so umformatiert, dass sich die Luminanzsignale drastisch von denen unterscheiden, die wir normalerweise wahrnehmen, wenn wir auf einen Punkt in einer Szene blicken", erklärt Koautor Michele Rucci in einer Pressemitteilung. Dieser zusätzliche Kontrast mache die visuelle Wahrnehmung empfindlicher und gleiche den Informationsverlust, der beim vorübergehenden Schließen der Augen eintritt, mehr als aus.

Dass wir die Unterbrechung durch das Blinzeln im Alltag kaum bewusst wahrnehmen, liegt übrigens daran, dass unser Gehirn das Gesehene zwischenspeichert und zwischen zwei Augenblicken nahtlos zusammenfügt, wie Göttinger Forschende vor einigen Jahren herausfanden.