Ungeahnter Erfolg Ingenieur baut Kurbel-Waschmaschinen für die ganze Welt

  • von Frauke Gans
Menschengruppe steht um Waschmaschine herum
Vielerorts wird noch von Hand gewaschen, weil der elektrische Strom fehlt.
Die von Sawhney konzipierten Waschmaschinen werden per Kurbel angetrieben und sparen viel Zeit
© The Washing Machine Project
Der Ingenieur Navjot Sawhney wollte seiner Nachbarin helfen und erfand eine Waschmaschine zum Kurbeln. Was mit einem Prototyp begann, ist heute ein globales Sozialprojekt

Navjot Sawhney und Divya wurden Freunde. Der Londoner Ingenieur half dem Sohn der Inderin beim Lernen, sie übte mit dem Briten ihr Schulenglisch. Ein Jahr lang lebten sie Tür an Tür im indischen Dorf Kuilapalayam, wo Sawhney wegen seiner indischen Wurzeln bei "Ingenieure ohne Grenzen" volontierte, einer Organisation, die sich zum Beispiel um den Aufbau der Grundversorgung mit Wasser und Strom kümmert. 

Täglich sah er seine Nachbarin über ihren Waschzuber gebeugt. Sie klagte über Rückenschmerzen und Furchen in den Händen, die durch das stundenlange Wäschereiben im Wasser entstanden. Seife und Waschmittel griffen die Haut zusätzlich an. Navjot Sawhney beschloss für die zweifache Mutter eine Waschmaschine zu bauen: Ein Leichtgewicht, aus lokal verfügbarem Material. 

Ganz wichtig: Die Maschine läuft im Handbetrieb, denn Strom ist ländlichen Indien oft Mangelware. Aus dem Prototypen für die Nachbarin wurde ein Projekt für Menschen in der ganzen Welt.

Planung des ersten Modells

Sawhney kehrte nach London zurück, wo er mit Freunden sein erstes Modell plante: Aus einer Plastiktonne, mit einem Holzhebel für die Umdrehungen. Dazu benutzte er ein Prinzip aus Indien: Innerhalb einer Woche entsteht dort auf Basis einer Idee der Prototyp. Dann wird das Feedback der Konsumenten eingeholt und das Endprodukt eingesetzt. Nach ungefähr zwei Monaten war die erste Handwaschmaschine einsatzbereit. Ihr Name: Divya. Für ihre Verbreitung gründete das Team die Organisation "The Washing Machine Project".

 "Es gibt keine finale Version der Maschine, wir passen uns den Konsumenten an." erklärt Sawhney. Dazu sprach er bisher mit 2.000 Familien in 12 Ländern. Sechs Jahre nach dem ersten Modell besteht das aktuelle aus Metall, steht auf einem Ständer, ein Getriebe übernimmt die Kraftübertragung von der Handkurbel auf die Trommel. Eine Salatschleuder diente als Vorbild: "Minimaler körperlicher Einsatz und maximale Umdrehungszahl".  

Effiziente und kraftsparende Methode

Zuvor brauchte Divya 20 Stunden wöchentlich für die Wäsche. Ein Durchlauf mit der Handmaschine dauert 30 Minuten. In nur sechs davon ist körperlicher Einsatz nötig: Wäsche, Waschmittel und Wasser einfüllen, es folgt ein Wechsel aus Kurbeln zum Waschen und trockenschleudern. Das Einweichen geschieht von alleine, zum Wasser ablaufen lassen wird ein Stöpsel gezogen. "Das reduziert die Arbeitszeit um 75 Prozent," sagt Navjot Sawhney. Außerdem senke sich die benötigte Wassermenge um 50 Prozent.

Navjot Sawhney
Navjot Sawhney wollte seiner Nachbarin in Indien helfen – und gründete das "Washing Machine Project"
© The Washing Machine Project

Zudem reicht die Kapazität von fünf bis sieben Kilo für die Wäschemenge größerer Gruppen. Bei Materialermüdung kann Sawhneys Maschine mit gängigen Ersatzteilen aus dem Handel ausgebessert werden. Es gilt: Je schlichter das System, desto einfacher die Reparatur.

Eigentlich hatte Sawhney Luft- und Raumfahrttechnik an der Queen Mary Universität in London studiert. Danach arbeitete er bei der Firma Dyson in der Forschungsabteilung. "Ich fragte mich schließlich, ob ich für reiche Menschen Staubsauger bauen oder Probleme lösen möchte," erklärt der Brite. 

Hilfreiches Zeitersparnis

Sawhney arbeitet mittlerweile hauptberuflich für sein Waschmaschinenprojekt. Inzwischen haben Organisationen in 15 Ländern sein Modell bestellt. Zum Beispiel Indien, Kenia, Libanon, Mexiko und Griechenland. Für Waisenhäuser, Schulen, Krankenhäuser, Flüchtlingsunterkünfte und Gegenden mit geringem Einkommen. Die entsprechenden Organisationen übernehmen die Kosten. 

An Divya denkt er noch oft, sie erinnert ihn an seine Mutter. "Sie erledigte die Hausarbeit neben einer Vollzeitanstellung. Frauen tragen in den meisten Gesellschaften noch die Hauptlast," erinnert der Engländer. "Eine Maschine spart ihnen Zeit, die sie stattdessen für Bildung nutzen können. Oder um sich auszuruhen."

Erscheint in GEO 09/2025