Studie Sonnenstürme können zu Zugunfällen führen

Rotes Signallicht der Bahn
Sonnenstürme können Auswirkungen auf die Stromnetze bei uns auf der Erde haben – und auch auf den Stromkreislauf im Zugverkehr
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Eigentlich sind Sonnenstürme, die sich rasend schnell durch das Sonnensystem bewegen, für unseren Planeten keine Gefahr. Doch die magnetischen Stürme könnten die technische Infrastruktur empfindlich stören, wenn sie auf die Erde treffen – Zugsignale zum Beispiel

Wenn gewaltige Sonnenstürme unsere Erde erreichen, dann merken wir Menschen das vor allem an den Polarlichtern, die sich dann am Himmel zeigen. Doch die magnetischen Stürme, die dieses faszinierende Naturschauspiel verursachen, könnten auch den Zugverkehr erheblich stören und sogar zu Unfällen führen. Zu diesem Schluss kommt ein britisch-kanadisches Forschungsteam.

Wie drei Forscher der britischen Lancaster University im Fachmagazin "Space Weather" berichten, wäre es möglich, dass Sonnenstürme die Signalanlagen im Zugverkehr von Rot auf Grün oder umgekehrt von Grün auf Rot umstellen. Bei einem Sonnensturm rasen hochenergetische Teilchen und eine massive Plasmawolke vom Zentrum des Sonnensystems auf den Planeten zu. Dies kann starke magnetische Störungen auf der Erde auslösen und geomagnetisch induzierte Ströme erzeugen, wodurch die Netze, die Strom übertragen und verteilen, beeinträchtigt und durcheinandergebracht werden könnten.

Sonnenstürme könnten zu Chaos auf den Schienen führen

Das Forscherteam der Lancaster University hatte mithilfe eines Computermodells beispielhaft an zwei Zugstrecken in Großbritannien (Preston–Lancaster und Glasgow–Edinburgh) untersucht, welche Folgen es hätte, wenn solche geomagnetisch induzierte Ströme durch die Gleisstromkreise von Wechselstrom-Elektrizitätsleitungen fließen, mit denen die Oberleitungen von Zügen betrieben werden. 

Das Umstellen der Signalanlagen könnte zu Chaos auf den Schienen und infolgedessen zu Zugunfällen führen. Sonnenstürme stellten also ein Sicherheitsrisiko dar, so die Forscher. "Unsere Untersuchungen zeigen, dass das Weltraumwetter ein ernstes, wenn auch relativ seltenes Risiko für das Eisenbahnsignalsystem darstellt, das zu Verzögerungen führen oder sogar schwerwiegendere Auswirkungen auf die Sicherheit haben könnte", wird der an der Studie beteiligte Forscher Cameron Patterson in einer Mitteilung seiner Universität zitiert.

Aus diesem Grund sollten Bahnbetreiber das Auftreten von Sonnenstürmen in ihre Risikobewertung miteinbeziehen, so das Fazit – auch wenn derartig starke Sonnenstürme sehr selten vorkommen. Das Risiko durch Signalstörungen sei zudem davon abhängig, wie viele Züge sich auf der Strecke befinden. "Künftig könnten Weltraumwettervorhersagen dazu genutzt werden, Entscheidungen über die Einschränkung des Bahnbetriebs zu treffen, wenn ein Extremereignis zu erwarten ist, so wie es derzeit meteorologische Vorhersagen tun", betont Jim Wild von der Lancaster University, ein Co-Autor der Studie. Als nächster Schritt müssten die Computersimulationen durch Experimente überprüft werden, schreiben die Wissenschaftler.

Signalstörungen auch in Deutschland möglich

Neben der Analyse möglicher Szenarien berechneten die Forscher außerdem, wie häufig ein solches Ereignis infolge eines Sonnensturms eintreten könnte. Ergebnis: Nach Einschätzung der Wissenschaftler könnten in Großbritannien alle paar Jahrzehnte Weltraumwetter-Ereignisse auftreten, die Störungen in den Stromkreisen der Gleise mit sich bringen würden.

Da die Deutsche Bahn ebenfalls mit Wechselstrom auf den Schienen unterwegs ist, wären solche durch Sonnenstürme ausgelöste Signalstörungen im Zugverkehr auch in Deutschland möglich.

Ein Beispiel dafür, dass Weltraumwetter Eisenbahnsignale umschaltete, hat sich nach Angaben der Forscher im Juli 1982 in Schweden ereignet. Ein Signal wechselte demnach während eines geomagnetischen Sturms von Grün auf Rot und wieder auf Grün, obwohl sich kein Zug auf der Strecke befand oder andere Fehlerbedingungen vorlagen. Die Studienautoren verweisen zudem auf frühere statistische Analysen, die einen Anstieg der Zahl unerklärlicher Signalfehlfunktionen in Zeiten hoher geomagnetischer Aktivität ermittelt hätten.

In den vergangenen Jahrzehnten gab es auf der Erde immer wieder spürbare Auswirkungen von Sonnenstürmen im Stromnetz und in der technischen Infrastruktur. So kam es im Jahr 1989 in der kanadischen Provinz Quebec zu Stromausfällen, von denen Millionen Menschen betroffen waren. Und auch in der schwedischen Stadt Malmö fiel im Jahr 2003 der Strom infolge eines Sonnensturms aus. Auch das US-Raumfahrtunternehmen SpaceX musste die Folgen des sogenannten Weltraumwetters schmerzlich erfahren: Infolge eines Sonnensturms verlor das Unternehmen im Frühjahr 2022 rund 40 seiner Satelliten.

Wann der nächste Sonnensturm für spürbare Folgen auf der Ede sorgt, lässt sich nicht genau vorhersagen. Doch aktuell zeigt sich unsere Sonne wieder sehr aktiv. Bis ans Mittelmeer waren unlängst Polarlichter zu sehen. Und das nächste Maximum der Sonnenaktivität ist derzeit noch nicht erreicht.

mit Material der dpa