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Skurrile Show in Mexiko Aliens im mexikanischen Parlament – warum die "Forscher" berüchtigt sind

Der angebliche Leichnam des Außerirdischen sei versteinert, weil er laut den Ufologen in einer Kieselalgenmine gefunden worden sei
Der angebliche Leichnam des Außerirdischen sei versteinert, weil er laut den Ufologen in einer Kieselalgenmine gefunden worden sei
© Photoshot / dpa
Bei einer Anhörung des mexikanischen Kongresses präsentiert ein Ufologe die angeblichen Leichname zweier Außerirdischer. Doch der "Forscher" fiel schon früher negativ auf

Auf den ersten Blick beeindruckt die seriöse Szenerie. Kameras sind auf das Podium im Pressesaal des mexikanischen Kongresses gerichtet, zwei riesige Flaggen bilden den Hintergrund, davor steht ein langer Tisch voller ernst dreinblickender Menschen. Drei Stunden lang unterrichten sie die im Publikum sitzenden Politiker sowie die zugeschaltete Öffentlichkeit über den aktuellen Stand ihres Forschungsgebiets. Und zwischenzeitlich schaltet sich sogar ein berühmter Harvard-Professor hinzu. Doch das Thema, das in dieser Woche im mexikanischen Kongress behandelt wurde, überrascht: Die Vortragenden präsentieren angebliche Beweise für die Existenz von Aliens und deren einstigen Aufenthalt auf der Erde.

Ende Juli hatte ein ähnliches Spektakel im US-Kongress stattgefunden, der sich nach langem Druck von Ufologen mit der These auseinandersetzte, ob die US-Regierung seit Jahrzehnten die Existenz von Aliens geheim hielte. Der frühere Militärpilot Ryan Graves, der damals als  "UFO-Whistleblower" auftrat, ist auch in Mexiko dabei. 

Nach zahlreichen Aufnahmen angeblicher Ufo-Sichtungen näherte sich die Veranstaltung nach 2 Stunden und 29 Minuten (siehe Video) ihrem Höhepunkt. Während der Hauptredner Jaime Maussan Flota spricht, werden zwei Kisten geöffnet, darin aufgebahrt je ein Wesen, das verdächtig E.T. ähnelt. Maussan behauptet, dies seien Leichname, in der Stadt Cusco in Peru entdeckt, die in einer Kieselalgenmine versteinerten. Die Exemplare seien umfassend wissenschaftlich untersucht worden, unter anderem per Röntgenstrahlung und Radiokarbonmethode. Dies habe ergeben, dass die Leichname etwa 1000 Jahre alt seien – und dass ihre DNA zu etwa einem Drittel unbekannt sei.

Unter Eid sagt Maussan aus, diese Exemplare seien nicht Teil der irdischen Evolution. Kurz: Dies seien Außerirdische. Der Gruselfaktor steigt zudem, als Röntgenaufnahmen angeblich zeigen, dass in einem Leichnam ein Implantat aus dem auf der Erde sehr seltenen Metall Osmium stecke sowie ein Exemplar Eier in sich trüge.

Die Präsentation der angeblichen Außerirdischen fand nicht nur vor Politikern des Kongresses statt, sondern wurde auch live im Internet übertragen
Die Präsentation der angeblichen Außerirdischen fand nicht nur vor Politikern des Kongresses statt, sondern wurde auch live im Internet übertragen
© Luis Barron / ZUMAPRESS.com / dpa

Das Video sorgt für Furore im Netz, wohl auch weil die Szenerie den "Funden" einen offiziellen Anstrich gibt: mexikanischer Kongress, Harvard-Professor sowie allerlei wissenschaftlich anmutende Daten. Die Botschaft: Hier betreiben ernsthafte Forscher ernsthafte Forschung, die nach aller der Wissenschaft gebotenen Skepsis zum einzig sinnvollen Ergebnis gekommen seien: Aliens.

Doch der Hauptredner Jaime Maussan Flota ist bislang keinesfalls als skeptischer, abwägender Wissenschaftler aufgetreten. Maussan hatte einst als Journalist begonnen und wurde dann im mexikanischen Fernsehen dank seiner Ufo-Geschichten zu einer bekannten Persönlichkeit. Schon 2015 hatte er eine ähnliche Show geliefert: Bei "Be Witness" konnte man Zeuge sein, wie Maussan Aufnahmen eines kleines Korpusses präsentierte, der beim legendenhaften Absturz eines UFOS bei Roswell gefunden worden sein soll. Sekundiert wurden Maussan schon damals von Jesús Zalce Benitítez, der auch in dieser Woche dabei war und die Röntgenaufnahmen präsentierte.

Jaime Maussan (rechts) ist mit seinen Ufo-Geschichten in Mexiko zum Fernsehpromi aufgestiegen. Anwesend bei der Anhörung in Mexiko ist auch Ryan Graves (links), der vor wenigen Wochen im US-Kongress angebliche Ufo-Sichtungen enthüllte
Jaime Maussan (rechts) ist mit seinen Ufo-Geschichten in Mexiko zum Fernsehpromi aufgestiegen. Anwesend bei der Anhörung in Mexiko ist auch Ryan Graves (links), der vor wenigen Wochen im US-Kongress angebliche Ufo-Sichtungen enthüllte
© Photoshot / dpa

Doch der angebliche Roswell-Alien aus 2015 erwies sich als mumifizierter Leichnam eines zwei Jahre alten indigenen Kindes, das im 19. Jahrhundert starb. Einer der beteiligten Forscher entschuldigte sich später öffentlich gegenüber der indigenen Bevölkerung und dem toten Kind für dessen Instrumentalisierung in dem Spektakel.

Maussan hingegen machte und macht weiter. Am wahrscheinlichsten ist wohl auch diesmal, dass Maussan eine Fälschung präsentierte oder aber erneut einen menschlichen Körper – womöglich ein Fötus oder ein kleines Kind mit Behinderung – zu Showzwecken instrumentalisierte.

Harvard-Professor auf außerirdischer Mission

Und was ist mit dem Harvard-Professor, der sich zu der Veranstaltung dazuschaltete? Avi Loeb, Astrophysiker und Kosmologe an der Harvard University, ist spätestens seit 2018 berühmt, als er die Hypothese aufstellte, ein Alien-Raumschiff habe die Erde passiert. Ein Jahr zuvor hatten Astronom*innen ein außergewöhnliches Objekt beobachtet, dass sie "1I/ʻOumuamua" tauften. Oumuamua passierte im Herbst 2017 das Sonnensystem. Loeb argumentiert, dass die Flugbahn des Objekts am besten erklärbar sei, wenn es eben ein Alien-Raumschiff gewesen sei, das zwischendurch seinen Kurs änderte.

Mittlerweile haben Astronom*innen eine weniger spektakuläre Erklärung: ʻOumuamua war wohl das erste interstellare Objekt, das die Menschheit beobachtet hatte – ein Brocken, der nicht zum Sonnensystem gehört, sondern bloß einmalig hindurchflog. Die zunächst ungewöhnlich erscheinende Flugbahn entstand wohl, als das Objekt aufgrund der Sonnenhitze Wasserstoff verlor und dadurch seine Bahn minimal änderte.

Loeb hatte 2018 durchaus Recht, als er in den Medien vielfach betonte, die Wissenschaft dürfe Hypothesen – also Erklärungsversuche – nicht allein deshalb ausschließen, weil diese die Existenz von Außerirdischen voraussetzten. Allerdings sollten in der Wissenschaft nur dann solch spektakuläre Erklärungen ernsthaft herangezogen werden, wenn es keine naheliegendere Erklärungen gibt. Daran scheint sich Loeb nicht zu halten. Kürzlich präsentierte er Mini-Kügelchen eines Meteors, die angeblich das Ergebnis einer außerirdischen Technologie seien. Oder, so schob er nach, die Objekte könnten auch rein natürlichen Ursprungs sein.  

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