Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt den Verzehr einer Handvoll Nüsse pro Tag, was etwa 25 Gramm entspricht. Nüsse sind äußerst gesund, wenn man sie (wegen der Kalorien) in Maßen genießt, da sie reich an Vitamin E, B-Vitaminen, Mineralstoffen, ungesättigten Fettsäuren und Ballaststoffen sind. Allerdings mögen nicht alle Menschen rohe Nüsse knabbern. Einige bevorzugen gebrannte Mandeln vom Marktstand oder vorgeröstete Nüsse aus der Verpackung. Viele Leute rösten ihre Nüsse aber auch selbst, zum Beispiel um sie als Topping für Salat oder für hausgemachtes Müsli zu verwenden.
Viele der wertvollen Inhaltsstoffe, vor allem Vitamine und ungesättigte Fettsäuren, sind jedoch hitzeempfindlich. Verlieren Nüsse also durch das Rösten womöglich an gesundheitlichem Wert? Tatsächlich verändern sich einige Inhaltsstoffe der Nüsse durch Hitze ungünstig. Dennoch hat das Rösten einige Vorteile.
Was spricht dafür, Nüsse zu rösten?
Beim Rösten von Lebensmitteln tritt in der Regel ab 140 Grad Celsius die "Maillard-Reaktion" ein. Dabei bilden sich neue Verbindungen aus Proteinen oder Aminosäuren, die zu einer braunen Färbung und der Entstehung von leckeren Röstaromen führen. Auch Nüsse werden durch Rösten noch aromatischer und nussiger. Rösten kann daher ein geschmacklicher Anreiz für viele sein, mehr gesunde Nüsse in ihren Speiseplan einzubauen.
Durch Rösten wird zudem die Haltbarkeit von Nüssen erhöht (außer bei Walnüssen), da Feuchtigkeit entzogen und zersetzende Enzyme inaktiviert werden. Außerdem werden Krankheitserreger wie Salmonellen zerstört, mit denen Nusschargen in der Vergangenheit vereinzelt belastet waren.
Welche Schadstoffe können beim Rösten entstehen?
Rösten bringt aber nicht nur erwünschte Eigenschaften hervor. Dr. Wiebke Schlörmann hat am Institut für Ernährungswissenschaften an der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit ihren Kolleginnen und Kollegen untersucht, wie genau sich die Nährstoffzusammensetzung von Nüssen durch Hitzeeinwirkung verändert. In der Versuchsreihe wurden Haselnüsse, Macadamia, Mandeln, Pistazien und Walnüsse für 10–25 Minuten in einem industriellen Trommelröster auf 120–186 °C erhitzt.
Das Team schaute sich die Konzentration von Acrylamid und Lipidperoxiden an. Diese Stoffe entstehen, wenn Kohlenhydrate beziehungsweise ungesättigte Fettsäuren stark erhitzt werden. In hoher Dosis gelten sie als potenziell krebserregend. Aus diesem Grund gibt es in der EU Acrylamid-Richtwerte für besonders acrylamidhaltige Produkte wie Kaffee, Backwaren, Chips, Pommes Frites und Kekse.
Bei hohen Temperaturen bildet sich in Mandeln Acrylamid
Auch in Nüssen bildet sich ab einer Temperatur von 120 Grad Celsius Acrylamid. Und je höher die Temperatur ansteigt, desto mehr Acrylamid entsteht. Mit Abstand am stärksten betroffen waren in Schlörmanns Untersuchung Mandeln. Allerdings blieb die Acrylamid-Konzentration unter den Versuchsbedingungen noch unter dem Richtwert. "Trotzdem würde ich dazu raten, Mandeln eher schonend zu rösten, zwischen 140 und 160 Grad, und so kurz wie möglich", sagt die Ernährungswissenschaftlerin.
Denn die Versuchsbedingungen aus den industriellen Trommelröstern ließen sich nicht exakt auf den heimischen Backofen oder die Pfanne übertragen. "Im Trommelröster werden die Nüsse nur durch den Kontakt mit dem Metall bei konstanter Temperatur geröstet und ständig gewendet", so Schlörmann. Pfanne und Backblech müssten dagegen erst vorheizen und anschließend abkühlen. Außerdem verteilt sich die Hitze darin nicht gleichmäßig, weshalb regelmäßig umgerührt werden muss, damit nichts anbrennt. Zudem wurden die Nüsse in der Studie im Ganzen geröstet, während zu Hause mancher die Nüsse schon vor dem Rösten zerkleinert. Dadurch vergrößert sich die Oberfläche und die Garzeit verkürzt sich.
Am besten, so Schlörmann, verlässt man sich auf seine Sinne und entwickelt ein Gespür dafür, wann es zu viel wird: "Je dunkler die Nüsse werden und je verbrannter sie schmecken, desto höher ist vermutlich der Acrylamid-Gehalt. Auf diesen Zusammenhang deuten die Ergebnisse der Studie hin."

Lipidperoxide machen Walnüsse ranzig
Beim zweiten Problemstoff, den Lipidperoxiden, waren wiederum die Walnüsse auffällig. Das liegt daran, dass Walnüsse besonders reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind, die unter Hitzeeinwirkung schnell oxidieren, also mit Sauerstoff reagieren, und unerwünschte Substanzen bilden. Für Lipidperoxide gibt es bislang keinen Richtwert. Ihre Bildung sollte dennoch möglichst vermieden werden. Schon allein aus Genussgründen: Sie sorgen dafür, dass zu stark geröstete Walnüsse sehr schnell ranzig werden. In Schlörmanns Versuch entstanden die Lipidperoxide zwar erst bei hoher Temperatur um die 185 Grad Celsius, dennoch rät sie dazu, Walnüsse so schonend wie möglich zu erhitzen.
Bei 140 Grad bleiben Vitamine besser erhalten als bei 160 Grad
Wie steht es um die in Nüssen reichlich vorhandenen wertvollen Vitamine? Insgesamt nahm der Gehalt aller untersuchten Vitamine beim Rösten abhängig von der Temperatur und der Dauer ab, aber keineswegs im gleichen Maße. Besonders hoch war der Verlust von Vitamin B1 in Mandeln (-50 Prozent) und Walnüssen (-25 Prozent) bereits bei 140 Grad Celsius. In Haselnüssen und Macadamia dagegen schwand Vitamin B1 auch bei 160 Grad Celsius nur geringfügig.
Heilkraft der Kerne: Wie Nüsse uns gesund halten

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Vitamin B2 und Vitamin B6 machte die Hitze sogar kaum etwas aus, in manchen Nüssen stieg der Gehalt durch das Rösten sogar an. Bestimmte Carotinoide erwiesen sich in Walnüssen und Mandeln als deutlich hitzeempfindlicher als in Pistazien und Haselnüssen. Und Vitamin E wiederum verringerte sich am stärksten in Mandeln und Walnüssen (-54 und -56 Prozent bei 160 Grad Celsius) und blieb in Pistazien nahezu unverändert.
Das Fazit: Rösten kann, muss aber nicht, den Vitamingehalt stark reduzieren. Je höher die Temperatur, desto größer der Vitaminschwund.
Ballaststoffe sind hitzeresistenter – und beugen Krebs vor
Einer Gruppe von gesunden Inhaltsstoffen in Nüssen kann Hitze jedoch nicht viel anhaben: Ballaststoffen. Um das nachzuweisen, haben Schlörmann und Kollegen die Verdauung der Nüsse im Labor simuliert. Zunächst zerkleinerten sie die Nüsse unter Zugabe von Enzymen und inkubierten sie bei 37 Grad Celsius und niedrigem pH-Wert, um Mund, Magen und Dünndarm zu simulieren. Auch die Fermentation im Dickdarm stellten sie mit Mikroorganismen aus Stuhlproben nach.
Das Ergebnis: Bei der Verdauung roher und gerösteter Nüsse werden Ballaststoffe in gleichem Maße in kurzkettige Fettsäuren umgewandelt. Dabei sticht vor allem die Fettsäure Butyrat heraus. "Butyrat wirkt chemopräventiv", erklärt Schlörmann, "es sorgt dafür, dass gesunde Zellen gedeihen und Krebszellen absterben. Damit hilft es, Darmkrebs vorzubeugen." Und das ist allemal ein Grund, Nüsse häufiger zu naschen – ob roh oder schonend (bei maximal 140-160 Grad Celsius) und kurz geröstet.