Tag der Roma Bildungsberater: "Roma-Kinder laufen wie mit einem Stempel auf der Stirn durch die Schule"

Portrait von Dzoni Sichelschmidt auf dem Pausenhof
Dzoni Sichelschmidt arbeitet in Hamburg als Bildungsberater für Sinti und Roma. "Kinder mit Roma-Hintergrund werden in Deutschland systematisch stigmatisiert", sagt er
© Lina Dannemann für GEO
Am 8. April ist der Internationale Tag der Roma. In Deutschland haben überdurchschnittlich viele Jugendliche der Minderheit Probleme in der Schule. Bildungsberater Dzoni Sichelschmidt will ihnen zu einer besseren Zukunft verhelfen – und trifft auf große Hürden. Ein Schulbesuch

Nur zwei Schüler sitzen in dem Klassenraum. Kein Wort steht auf dem Whiteboard, keine Hefte liegen auf den Tischen, keine Federtaschen. Lässig lehnen sie sich zurück, die Hände in den Hosentaschen. Ohne Umschweife kommen die beiden Zehntklässler zum Punkt: Sie sind hier, um zu reden – mit Dzoni Sichelschmidt, Bildungsberater an der Stadtteilschule am Hafen in Hamburg. 

Einer der Jugendlichen, Rade – schwarze Trainingsjacke, Cap und Bauchtasche um die Schulter gelegt –, räuspert sich und fängt an: "Ich wünschte, die Lehrer würden alle Schüler gleich behandeln", sagt der 16-Jährige leise. "Wenn ich mich melde, nimmt der Lehrer mich nicht dran – aber wenn ich mich nicht melde, dann schon." Er fühle sich anders behandelt als die anderen Jugendlichen. Weil er ein Roma ist.

80 Prozent der Roma in Europa leben in Armut

Dzoni Sichelschmidt hört zu, nickt und verspricht, mit dem Lehrer zu sprechen. Auf seinem schwarzen St.-Pauli-Shirt prangt unter dem Logo des Fußballvereins ein blau-grüner Aufnäher mit einem roten Speichenrad: die Flagge der Roma. 

Das Rad, ein Symbol aus dem Hinduismus, erinnert an die Ursprünge der Roma in Indien. Und an die Geschichte eines Volkes, das vor mehr als 1000 Jahren aus seiner Heimat vertrieben wurde, in Europa immer wieder Verfolgung und Diskriminierung erlebte – und bis heute seinen Platz in der Gesellschaft sucht. Rund elf Millionen Roma leben in Europa, 80 Prozent von ihnen in Armut.