Forscher bitten um Mithilfe Fleischfressende Würmer erstmals in Deutschland entdeckt

Jetzt auch in Deutschland angekommen: Die hübsch gefärbte Landplanarie Caenoplana variegata stammt ursprünglich aus Australien und breitet sich seit einigen Jahren in Europa aus
Jetzt auch in Deutschland angekommen: Die hübsch gefärbte Landplanarie Caenoplana variegata stammt ursprünglich aus Australien und breitet sich seit einigen Jahren in Europa aus
© SNSB/Kathrin Glaw
Mehrere tropische Wurmarten wurden schon in Deutschland entdeckt. Nun eine weitere: Caenoplana variegata. Forschende warnen, sie könnte die Bodenfruchtbarkeit gefährden

Kleinenbroich ist als Wahlheimat tierischer Exoten bislang kaum in Erscheinung getreten. 2023 hat sich das geändert. In diesem Jahr tauchte in einem Garten in der Ortschaft nahe dem nordrhein-westfälischen Mönchengladbach – erstmals in Deutschland – ein sehr besonderer Wurm auf. Caenoplana variegata ist bis zu 20 Zentimeter lang, trägt eine charakteristische gelbe Linie auf dem Rücken, sondert giftigen Schleim ab – und frisst Fleisch. Darunter Regenwürmer, Schnecken und Kellerasseln.

Der Wurm gehört zu den sogenannten Landplanarien und stammt ursprünglich aus Australien. Natürliche Fressfeinde hat Caenoplana wegen des giftigen Schleims kaum. Und offenbar gelingt es dem tropischen Wurm, in Gewächshäusern mitteleuropäische Winter zu überstehen. Wie andere Planarien auch ist der Wurm erstaunlich regenerationsfreudig. Eine Teilung in zwei Hälften überlebt das Tier nicht nur – es bilden sich zwei neue Individuen.

Nicht auszuschließen ist, dass die Tiere, sollten sie sich massenhaft ausbreiten, das ökologische Gleichgewicht im Boden – und damit die Bodenfruchtbarkeit –  stören, schreiben Forschende in einer aktuellen Studie.

Nutzen die Würmer Vögel zu ihrer Verbreitung?

Wie Caenoplana nach Deutschland gelangt ist, ist bislang unklar. Wie die Forschenden berichten, wurde in Österreich ein Wurm auf einem Wellensittich entdeckt. Es sei nicht auszuschließen, dass die Würmer Vögel aktiv zu ihrer Ausbreitung nutzen. Der wichtigste Verbreitungsfaktor scheint jedoch der Gartenhandel zu sein. Schweizer Behörden raten, Töpfe und Gartenpflanzen aus Gartencentern und Baumärkten auf Landplanarien zu untersuchen. Vor allem die Unter- und Innenseiten von Töpfen.

Viele Tiere und Pflanzen, die wir als selbstverständlich ansehen, kamen ursprünglich aus anderen Teilen der Welt. Denn nach der wissenschaftlichen Definition gilt jede Art, die nach der Entdeckung Amerikas ins Land gekommen ist, als fremd. Ein Beispiel dafür ist die Sonnenblume. Sie wurde erst Jahrzehnte nach 1492 von spanischen Seefahrern nach Europa gebracht und zählt somit zu den sogenannten Neobiota. Ohne fremde Arten wie die Sonnenblume würde nicht nur unsere Landschaft farbloser wirken, auch unser Speiseplan wäre ganz schön eingeschränkt. Kartoffeln, Tomaten und Mais – allesamt Neobiota – gehören heute zu den Grundnahrungsmitteln. Wie viele der fremden Arten schaden uns also wirklich? Dazu kann man die "Zehner-Regel" aus der Biologie heranziehen: Etwa zehn Prozent der eingeschleppten Arten vermehren sich in der neuen Umgebung, zehn Prozent davon etablieren sich auf Dauer, und nur zehn Prozent davon führen wirklich zu unerwünschten Auswirkungen. Es sind also nur 0,1 Prozent aller eingeschleppten Arten, die uns Probleme bereiten, also invasiv sind.

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Sie sind eine der größten Bedrohungen für die Natur, maßgeblich am Aussterben von über 60 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten beteiligt und führen jedes Jahr zu wirtschaftlichen Schäden von mehr als 423 Milliarden US-Dollar: Invasive, also fremde und schädliche Arten. Doch sind alle Neuankömmlinge zu verdammen? Keineswegs. Viele helfen uns und unserer Natur sogar

Wer fündig wird, kann seine Sichtung mit Foto und Angabe des Fundortes unter der E-Mail-Adresse landplanarien@snsb.de an die Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB) melden. Die Forschenden versuchen dort und am Haus des Meeres in Wien, mehr über die Verbreitung der Art herauszufinden.

"Bisher ist leider nur sehr wenig über die eingeschleppten Landplanarien in Deutschland bekannt", sagt Dr. Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung München, Erstautor der aktuellen Studie. In den westlichen Nachbarländern Frankreich, Niederlande und Belgien hätten Citizen-Science-Projekte zu einem viel besseren Wissensstand geführt.

Caenoplana ist nicht die erste und nicht die einzige nach Deutschland eingeschleppte Art von Landplanarien: Bis 2022 waren hierzulande schon drei Arten von sogenannten gebietsfremden Landplanarien nachgewiesen. Inzwischen hat sich ihre Zahl verdreifacht. Europaweit wurden in den vergangenen Jahrzehnten sogar mindestens 25 nicht heimische Arten entdeckt.