Dornenkronen-Seesterne fressen immer wieder Korallenriffe kahl und verursachen verheerende Schäden. Nun hat ein Forschungsteam entscheidende Fressfeinde dieser Korallenschädlinge entdeckt. Einige Zehnfußkrebse verspeisen die Seesterne bereits in ihren Kinderstuben, wie die Gruppe um Kennedy Wolfe von der University of Queensland im australischen Brisbane berichtet. Das könnte einmal zur Bekämpfung der Seesterne genutzt werden.
Es gab bislang verschiedene Thesen, warum es im tropischen Indopazifik gebietsweise immer wieder zu großen Schäden durch die Seesterne in Korallenriffen kommt - die Ausbrüche erinnern an den Kahlfraß von Heuschrecken. Vermutet wurde etwa die Überfischung von Fischen, die erwachsene Seesterne verspeisen. Dies erkläre jedoch die ausgeprägten Höhen und Tiefen der Ausbrüche nicht ausreichend, schreibt das Team im Fachjournal "Proceedings" der US-nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS).
Korallenschutt ist die Kinderstube für die Seeigel
Wolfe und sein Team hatten im Trümmerschutt abgestorbener Korallenriffe nach Räubern gesucht. Denn Seesterne beginnen ihr Leben als winzige Pflanzenfresser, die sich normalerweise im Korallenschutt verstecken. Erst später verspeisen sie Korallen. "Unser Fokus lag auf Räubern, die ebenfalls unter Felsen und Geröll leben und die jungen Seesterne fressen könnten", sagt Wolfe.
Ergebnis: Im Mageninhalt einiger Zehnfußkrebse fanden die Forscherinnen und Forscher Erbgut von Dornenkronen-Seesternen. Die Krebse waren in zwei Gebieten im Great Barrier Reef gesammelt worden, die mehr als 1.000 Kilometer voneinander entfernt liegen.
Die Dichte der Zehnfußkrebse variierte regional. In Gebieten, die anfällig für Seestern-Ausbrüche sind, gab es besonders wenige dieser Krebse. In den von diesen Ausbrüchen gefährdeten Riffgebieten fraßen Zehnfußkrebse nach Schätzung des Teams im Durchschnitt etwa 1,6- bis 3-mal weniger junge Seesterne als in anderen Regionen.
Praktischer Nutzen der Studie
Das Vorhandensein bestimmter Zehnfußkrebse könne den Daten zufolge dazu beitragen, die Anzahl der Dornenkronenen-Seesterne in Riffen zu reduzieren, sagt Wolfe der Deutschen Presse-Agentur. Dies könnte sich positiv auf die Korallen und Riffe auswirken. Insgesamt fand das Team in sieben Arten der Zehnfußkrebse Seestern-Erbgut, darunter vor allem in der Krabbe Schizophrys aspera.

"Diese Erkenntnisse sind sowohl für Wissenschaftler als auch für das Riff-Management nützlich", ergänzt Wolfe. Derzeit basiere die Bekämpfung von Seestern-Ausbrüchen auf Taucherteams, die Dornenkronen-Seesterne manuell vom Riff entfernten. Dies sei jedoch zeit- und arbeitsintensiv. "Die untersuchten Krabben könnten eine natürliche Möglichkeit bieten, die Seestern-Population zumindest teilweise zu regulieren, bevor die Seesterne das korallenfressende Erwachsenenstadium erreichen", hofft Wolfe.
Es sei jedoch weitere Forschung nötig, um mehr über diese Tiere zu erfahren, etwa wo sie bevorzugt leben und welche Faktoren ihre Population beeinflussen. Insgesamt zeige die Studie, dass es äußerst wichtig sei, die Wechselwirkungen zwischen Räubern und Beutetieren schon in den frühen Lebensphasen zu verstehen, "da sie weitreichendere ökologische Auswirkungen haben können, als wir vielleicht vorhersagen".
Kritische Rückkopplung: Stress für Korallen nutzt den Seeigeln
Bereits 2024 hatten Wolfe und Maria Byrne von der University of Sydney beschrieben, wie die Zerstörung der Korallenriffe nach einer Hypothese die Ausbreitung der Seesterne fördern könnte: Wenn die intakte Korallenbedeckung durch eine Korallenbleiche, Wirbelstürme, Seestern-Ausbrüche und andere Stressfaktoren abnehme, entstehe Korallenschutt, der ausgerechnet den Larven- und Jungtieren der Dornenkronen-Seesterne Schutz und Nahrung biete. Die Seesterne profitierten wahrscheinlich auch vom Klimawandel. Die Jungtiere hätten die Fähigkeit, Hitzewellen zu überleben, die Korallen ausbleichen, schrieb das Team im Journal "Marine Environmental Research".
Sie könnten im Schutt in einer oft jahrelangen Wartephase verharren, bis sich die Korallen erholen und eine Dichte erreichen, die den plötzlichen Wechsel der Seesterne von Pflanzen- zu Korallenfressern auslöse. "Unsere Ergebnisse zeigen eine kritische Rückkopplungsschleife in Riff-Ökosystemen", sagte Wolfe damals. "Die Seestern-Populationen könnten sich gerade dann vermehren, wenn Korallenriffe geschädigt werden, was zu weiterem Korallenverlust führt. Dieser Kreislauf bedroht nicht nur die Korallen, sondern auch zahlreiche Arten, die auf gesunde Riffe angewiesen sind."