Natur verstehen Warum der Taschenkrebs im Winter in Wallung kommt

Taschenkrebs
Seltener Anblick: Unter Wasser ist der Taschenkrebs hervorragend getarnt und verkriecht sich tagsüber gern in Spalten und Höhlen
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Einmal zugepackt entwischt den Scheren des Taschenkrebses kaum ein Beutetier. Der mächtige Meeresbewohner kann mehrere Kilo schwer werden. Sein Leben beginnt jedoch ganz klein als Larve, genauer gesagt als Ei: in der Winterkälte des Nordatlantiks 

Kuschelig warm braucht es der Taschenkrebs nicht, um in Wallung zu kommen: Im winterkalten Wasser von Nordsee und Atlantik klettert das Männchen auf ein paarungswilliges Weibchen und formt mit seinen Beinen eine Art Käfig. Derart geschützt beginnt sich die Krebsin zu häuten – und lässt nun bis zu drei Millionen Eier befruchten, die sie zwischen ihrem umgeschlagenen Schwanz und der Brust bis zu acht Monate lang umherträgt. 

Im Frühjahr schlüpfen dann millimeterkleine Larven, die zunächst als Plankton mit der Strömung treiben und mehrere Metamorphosen durchmachen, bis sie sich – immer noch weniger als einen Zentimeter groß – als Minikrebse zu Boden sinken lassen. Aus ihnen wachsen über die Jahre richtige Kaventsmänner heran: Bis zu 30 Zentimeter breit kann der Panzer werden, und rund fünf Kilo wuchtet der Goliath unter den Krebsen mitunter auf die Waage. 

Trotz seiner Größe wird man Cancer pagurus jedoch unter Wasser selten zu Gesicht bekommen. Die rostbraunen Tiere sind vor der felsigen Kulisse perfekt getarnt, und sie verkriechen sich tagsüber gern in Spalten und Höhlen. Erst in der Nacht gehen die räuberischen Krebse auf Jagd. 

Was ihnen zwischen die kräftigen Scheren gerät, wird in der Regel verputzt. Mühelos knackt der Krebs die Schalen von Austern und Miesmuscheln (seine Leibspeisen), auch Seeigel, Schnecken, andere Krebse und Aas vertilgt der gefräßige Meeresbewohner. 

Er selbst wiederum muss sich vor dem Kabeljau und Kraken in Acht nehmen. Doch der Hauptfressfeind ist wohl der Mensch: Zigtausende Tonnen Taschenkrebse landen Jahr für Jahr als Delikatesse auf unseren Tellern. Daher erreichen heutzutage nur noch wenige Individuen ihre kolossale Größe. Oder auch ihre maximale Lebensspanne: bis zu 100 Jahre!