Immer wieder erregen berühmte Vielflieger mit der CO2-Bilanz ihrer Reisen Unmut. Taylor Swift etwa jettete im vergangenen Jahr von Tokio nach Las Vegas, um ihren Football spielenden Freund beim Super-Bowl-Finale anzufeuern. Anschließend flog sie zurück nach Australien, um ihre Konzerttour fortzusetzen. Bereits 2022 führte ihr Flugzeug ein Promi-Ranking der britischen Marketing-Agentur Yard an: Es absolvierte in einem guten halben Jahr 170 Flüge und stieß dabei mehr als 8000 Tonnen CO2 aus. Damit verwies Swifts Jet die Maschinen des Boxers Floyd Mayweather und des Musikproduzenten Jay-Z auf die Ränge zwei und drei.
Auch wenn derlei Negativlisten Aufmerksamkeit für ein wichtiges Thema generieren: Wissenschaftlich belastbar ist die Methodik dahinter nicht. Nun hat ein Forschungstrio um Stefan Gössling von der Linnaeus-Universität in Kalmar, Schweden, die Emissionen von Privatfliegern systematisch ausgewertet. Als Grundlage diente eine öffentliche Datenbank namens ADS-B-Exchange. Sie trackt Flüge anhand von Funksignalen, die Maschinen aus Sicherheitsgründen absetzen müssen.
Die Forschenden werteten für die Jahre 2019 bis 2023 insgesamt 18.655.789 Flüge privater Maschinen aus und berücksichtigten dabei den Verbrauch der verschiedenen Flugzeugmodelle. Trips mit dem Hubschrauber oder mit Kleinstflugzeugen wurden nicht erfasst. Die Ergebnisse sind nun im Fachjournal "Communications Earth and Environment" erschienen. "Der private Flugverkehr ist die energieintensivste Form des Luftverkehrs", schreiben die Autoren. "Aber sein globales Ausmaß, seine Verteilung und seine Energieintensität sind noch nicht ausreichend bekannt." Diese Lücke wollen sie mit ihrer Arbeit schließen.
Komfort auf Kosten der Massen
In absoluten Zahlen erscheint der Beitrag der Privatmaschinen zur Klimabilanz vergleichsweise gering. 2023 stießen sie rund 15,6 Millionen Tonnen CO2 aus, etwa so viel wie das Bundesland Schleswig-Holstein. Die kommerzielle Luftfahrt hingegen brachte es 2019, vor dem drastischen Einbruch durch die Coronapandemie, auf rund 900 Millionen Tonnen des Klimagases. Damit steuerte sie 2,5 Prozent zu den weltweiten CO2-Emissionen bei. Für Privatjets wie Linienflieger gilt: Sie verschärfen die Klimakrise zusätzlich, indem sie Kondensstreifen ziehen und federige Zirruswolken aus Eiskristallen sprießen lassen. Diese Effekte sind jedoch weniger gut verstanden als die des Treibhausgases.
Die aktuelle Studie verdeutlicht, wie sehr der Lebensstil einiger reicher und einflussreicher Personen das Klima belastet – auf Kosten der weniger begüterten Mehrheit. Besonders treibstoffhungrige Flugzeugtypen blasen während eines einstündigen Flugs so viel CO2 in die Luft wie ein durchschnittlicher Bewohner dieses Planeten in einem Jahr.

Besonders hoch ist die Zahl der Privatflugzeuge in den USA. Mehr als 18.000 sind dort registriert, gut zwei Drittel aller weltweit erfassten Maschinen. Manche gehören Einzelpersonen, andere lassen sich chartern. Deutschland belegt mit 630 Maschinen Platz vier. Besonders viele Reisen finden innerhalb der USA und Europas statt, respektive zwischen den Kontinenten. Auch einige südamerikanische Metropolen sind gut angebunden, ebenso wie die arabische Region. China und Indien könnten künftig stark aufholen. Den Gegenpol bildet momentan der afrikanische Kontinent. Dort verzeichnen lediglich Südafrika und die nigerianische Metropole Lagos viele Starts und Landungen.
Viele Flüge seien Leerflüge, schreiben die Autoren. Die Maschinen transportieren nur auf einem Weg Passagiere, setzen sie an ihrem Reiseziel ab oder bringen sie nach Hause. "Die Ergebnisse bestätigen auch, dass Privatflüge routinemäßig genutzt werden und in vielen Fällen das Auto aus Zeit- oder Bequemlichkeitsgründen zu ersetzen scheinen, wie der Anteil von 4,7 Prozent sehr kurzer Flüge unter 50 Kilometern zeigt." Knapp die Hälfte aller Flüge sind kürzer als 500 Kilometer.
Je nach Saison und Wochentag steigt der Betrieb an beliebten Urlaubsorten. Doch die Reichen und Mächtigen fliegen nicht nur in die Ferien, sondern auch zu kulturellen, sportlichen oder politischen Großereignissen. Die Fußballweltmeisterschaft, die 2022 in Katar stattfand, generierte nach Berechnungen der Autoren 14.700 Tonnen an Kohlendioxidemissionen, weil Stars, Funktionäre und Politiker mit dem Privatjet an- und abreisten. 3800 Tonnen Emissionen entfielen auf Flüge zur Weltklimakonferenz Ende letzten Jahres in Dubai.

Die Zahl der Privatflüge steigt, und damit die Last fürs Klima. "Da die Verwendung von nachhaltigem Flugbenzin nach wie vor begrenzt ist und die Mehrheit der privaten Flugzeugeigentümer nicht plant, es in naher Zukunft zu verwenden, wird es notwendig sein, den Sektor zu regulieren", schreiben die Autoren. Doch das ist auf globaler Ebene gar nicht so einfach. "Inlandsflüge, die in Deutschland starten und landen, könnten national stärker reguliert werden – zum Beispiel mit emissionsabhängigen Gebühren", kommentiert Jonathan Köhler vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung gegenüber dem "Science Media Center". "Bei internationalen Flügen müsste die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO beispielsweise Emissions- oder Kraftstoffbesteuerung einführen."
Ein weiterer Hebel ist, das Image des Privatfliegers als Inbegriff von Erfolg und glamourösem Lebensstil zu unterminieren. Der "myclimate Carbon Tracker" etwa hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf die Umweltfolgen eines Jet-Set-Lebens hinzuweisen. Er vollzieht die Aufenthaltsorte Prominenter anhand ihrer Social-Media-Beiträge nach und errechnet daraus ein CO2-Budget für die Reise. Ein Bot soll passend dazu passiv-aggressive Kommentare absetzen. "Hoffentlich hattest du einen guten 10.910-Kilometer-Flug von Griechenland nach Beverly Hills, Paris Hilton!", steht in einem beispielhaften Beitrag. "Nicht, dass wir die Notwendigkeit deines Fluges infrage stellen, aber er hat 1813 Kilogramm an CO2-Emissionen verursacht." Ob sie schon mal darüber nachgedacht habe, für den Klimaschutz zu spenden?