Tief in der Wüste, in einer Felsspalte am Rand des Death Valleys in Nevada, ist ein Forschungsteam auf ein einzigartiges Klimaarchiv gestoßen: Kalkablagerungen in einem unterirdischen See berichten von der Entwicklung der Temperaturen, Niederschläge und Vegetation über einen Zeitraum von 580.000 Jahren hinweg.
Die Auswirkungen von sechs Eiszeiten und ebenso vielen Warmphasen auf den Südwesten von Nordamerika sind in der nahezu lückenlosen Chronik gespeichert, berichtet das internationale Team um den Innsbrucker Geologen Christoph Spötl im Fachblatt "Nature Communications".
Gewinnen konnten die Forschenden diese Daten aus einem ein Meter langen Bohrkern, den sie unter extremen Bedingungen aus dem Kalkgestein in den tiefsten Bereichen der "Devils Hole"-Höhle entnahmen: Am Boden des Höhlenschachts, in einem 150 Meter tiefen See, lagert Grundwasser seit Hunderttausenden Jahren Kalzit an den Wänden ab. Diese Ablagerungen – sogenannte Speläotheme – wachsen kontinuierlich. Schicht für Schicht konservieren die Mineralien chemische Signale aus dem Wasser.
Die Analyse von unterschiedlichen Sauerstoffisotopen darin verrät, wie warm oder kalt, feucht oder trocken es zur Zeit ihrer Entstehung war. Solche durchgängigen Wasserablagerungen sind allerdings extrem selten, weshalb das Devils Hole weltweit als ein Juwel für die Klimaforschung gilt.
Das Gedächtnis der Felsen erzählt von dramatischen Klimawechseln
Um den Bohrkern daraus zu bergen, mussten die Forschenden sich zunächst in dem engen Spalt 20 Meter tief abseilen. Mithilfe eines Spezialbohrers nahmen sie anschließend Proben von Kalkablagerungen sowohl über als auch – mit Taucherausrüstung ausgestattet – unter der Wasseroberfläche des Sees.
Die Analyse der Daten zeigt nun ein deutliches Muster: Während der Eiszeiten war das Klima im Südwesten der heutigen USA nicht bloß kühler, sondern auch deutlich feuchter, in den Warmzeiten hingegen heiß und trocken. Überraschend dabei: "Mitten in manchen Warmzeiten kam es zu abrupten Einbrüchen des Grundwasserspiegels, die gleichzeitig mit einem deutlichen Rückgang der Vegetation einhergingen", erklärt Kathleen Wendt, die Erstautorin der Studie.
Die Region, die heute noch zu den trockensten Nordamerikas zählt, bezieht den wenigen Niederschlag größtenteils aus den Winterstürmen, die vom Pazifik über das Land ziehen. Auch in den Eiszeiten scheinen sich die Zugbahnen dieser Stürme immer wieder abrupt verändert zu haben, wodurch der Grundwasserspiel dramatisch sank.
Die Daten belegen, wie eng die Entwicklung von Temperaturen, Niederschlagsmustern und Vegetation miteinander verzahnt sind – und helfen damit auch, die Zukunft des Klimas vorherzusagen.
Daten aus Höhlengesteinen sind dabei besonders wertvoll: Anders als Baumringe oder Sedimente in Seen und Meeren bleiben Speläotheme oft über sehr lange Zeiträume vor Erosion geschützt. Sie wachsen beständig und lassen sich mittlerweile anhand von neuesten Analysemethoden (wie der Uran-Thorium-Altersbestimmung) präzise datieren.
Vor allem in Lebensräumen wie Wüsten oder Savannen, die an der Oberfläche kaum Spuren von früheren Umweltbedingungen konservieren, hilft der Blick in die Tiefe auch für den Ausblick nach vorn. Und so könnte das Gedächtnis der Steine vom Devils Hole bald noch weit mehr Schätze aus Daten preisgeben, die uns helfen, Klimafolgen vorauszusagen und ihnen vorzubeugen.