Jordanien Diese Architektin baut ein neues Ökosystem für ihr Heimatland

Text: Frauke Gans
Deema Assaf steht zwischen Bäumen
Deema Assaf möchte in Jordanien wieder jene Pflanzen ansiedeln, die dort ursprünglich zu Hause waren
© Annie Sakkab
"Wenn ich mir die Baumethoden anschaue, dann sehe ich ökologischen Suizid", sagt die Architektin Deema Assaf über Jordaniens Hauptstadt Amman. Deshalb belebt sie Stadtforste wieder – mit einer speziellen Methode

Wer die Aussicht vom Hügel Jabal Al Qala’a in Jordaniens Hauptstadt Amman genießen möchte, blickt vor allem auf ein Meer von Flachdachbauten aus Beton. 

Deema Assaf hat dort einen Großteil ihrer Kindheit verbracht: "In den vergangenen Jahrzehnten hat die Stadt gravierende optische Veränderungen durchgemacht. Und wenn ich mir die Baumethoden anschaue, dann sehe ich ökologischen Suizid", sagt die Architektin. Die Zahlen geben ihr recht: Jordanien gehört zu den trockensten Ländern der Welt. Gerade rund ein Prozent seiner Fläche sind noch bewaldet, 80 Prozent sind Wüste. "Ein Kurs über Permakultur hat mein Interesse an regenerativer Landschaftsgestaltung verstärkt." 

4,8 Millionen Menschen leben in Amman, vor knapp 80 Jahren waren es nur 60.000. Durch das schnelle Wachstum verschwanden Buschland und Äcker unter Beton und Asphalt
4,8 Millionen Menschen leben in Amman, vor knapp 80 Jahren waren es nur 60.000. Durch das schnelle Wachstum verschwanden Buschland und Äcker unter Beton und Asphalt
© Annie Sakkab

Deshalb verschrieb sich die heute 40-jährige Jordanierin dem "Rewilding": der Instandsetzung von Wildnis. Assaf beschloss, Stadtforste möglichst schnell wiederzubeleben. Vier Wälder hat sie seit 2018 geschaffen, besiedelt von zahlreichen Tierarten.

Dafür legt sie bepflanzte Flächen an, die binnen drei Jahren die Reife eines dreißigjährigen Forsts erreichen. Normalerweise dauert es diese Zeit, bis die für einen natürlichen Wald typischen Arten sich wieder etabliert haben. 

Mit der Methode des Japaners Akira Miyawaki wird der Boden so vorbereitet, als habe er Teile dieser Entwicklung bereits durchgemacht. Pilze werden angesiedelt, "sogar Mikroorganismen und Kleinstlebewesen geben wir dazu," erklärt Assaf. 

Sie pflanzt die Bäume so, als habe die Natur über Jahrzehnte eine Auslese getroffen. Und sie setzt die Pflanzen dicht nebeneinander. Durch die Nähe unterstützen sie sich und konkurrieren zugleich um Sonnenlicht, was das Wachstum befördert.

Deema Assaf streicht mit ihren Fingern über einen Strauch
"Von einigen Baumarten existieren nur noch 30 bis 50 Exemplare. Wenn eine dieser Arten verschwindet, kollabiert unser Ökosystem", sagt Deema Assaf
© Nadia Bseiso

Damit die Miyawaki-Wälder ideal an Klima und Region angepasst sind, sammelt die Architektin Informationen zur ursprünglichen Vegetation Jordaniens. 

Mit Freiwilligen erntet sie die entsprechenden Samen und zieht Setzlinge, darunter äußerst seltene Arten. "Wir spüren die Auswirkungen des Verlusts biologischer Vielfalt. Wir müssen unser Ökosystem wiederherstellen."