Fast jede dritte Frau erlebt mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt. Das geht aus einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hervor. Demnach haben mehr als 30 Prozent aller Frauen weltweit Gewalt erfahren. Laut der WHO habe sich der Anteil seit über zwanzig Jahren kaum verändert. Die WHO in Genf geht global von 840 Millionen Opfern aus. Doch das wahre Ausmaß des Problems sei noch größer, da viele Betroffene aus Angst nicht darüber sprechen wollten, hieß es von der Gesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (UN).
Dieser Bericht enthält aktualisierte globale, regionale und nationale Schätzungen zu zwei Formen von Gewalt gegen Frauen: Gewalt in Paarbeziehungen und sexuelle Gewalt durch Nicht-Partner. Diese statistischen Schätzungen der WHO beziehen sich auf das Jahr 2023. Sie umfassen Mädchen und Frauen ab 15 Jahren, die in ihrem bisherigen Leben von Partnern oder Ex-Partnern sexuell oder physisch angegriffen wurden. Diese Opfer machen nach WHO-Angaben den überwiegenden Teil der Gesamtzahl aus. Außerdem enthält die Schätzung Opfer sexueller Gewalt durch andere Täter, zu denen keine intime Beziehung bestand.
Die Lage habe sich in den vergangenen 20 Jahren kaum gebessert, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. "Gewalt gegen Frauen ist eine der ältesten und am weitesten verbreiteten Ungerechtigkeiten der Menschheit, und dennoch wird dagegen am wenigsten unternommen", kritisierte Tedros.
In Deutschland sind 16 Prozent betroffen
Dem WHO-Bericht zufolge existieren deutliche regionale Unterschiede - besonders gefährdet sind Frauen und Mädchen aus benachteiligten Milieus oder Krisengebieten. In Deutschland sind laut der Studie insgesamt rund 16 Prozent der weiblichen Bevölkerung zwischen 15 und 45 Jahren von Gewalt durch (Ex-)Partner betroffen. Stand 2023 hatten demnach fast 5 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten Angriffe erlebt. Sexuelle Gewalt durch Nicht-Partner ist in Deutschland mit knapp 12 Prozent insgesamt und 0,4 Prozent für das vergangene Jahr weniger häufig.
In pazifischen Inselstaaten sind Frauen am stärksten von Partner-Gewalt betroffen, gefolgt von Afrika südlich der Sahara und Südasien. Die geringsten Werte werden nach Schätzungen der WHO in Südeuropa, Südostasien und Westeuropa verzeichnet. Sexuelle Gewalt durch Nicht-Partner ist hingegen in Zentralamerika am häufigsten, gefolgt von Ozeanien und Westeuropa.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist eine Menschenrechtsverletzung und ein Problem der öffentlichen Gesundheit, das wirtschaftliche, soziale und nationale Grenzen überschreitet, so der WHO-Bericht. Sie habe sowohl unmittelbare als auch langfristige Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit von Frauen, Kindern, Familien und Gesellschaften. Bis 2030 haben sich die Vereinten Nationen das Ziel gesetzt, "alle Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen im öffentlichen und privaten Bereich, einschließlich Menschenhandel und sexueller und anderer Formen der Ausbeutung", zu beseitigen.