Missbrauchte Schönheit
Viele Gemeinschaften berufen sich auf Ursprungsmythen von heroischen Vorfahren, deren Glanz – manifestiert durch Kultstätten und identitätsstiftende Orte – bis in die Gegenwart strahlen und die eigene Einzigartigkeit begründen soll. Der Missbrauch solcher Erzählungen ist gefährlich: Wo Populisten oder Rassisten Mythen überhöhen, verfälschen und instrumentalisieren, nicht zuletzt um andere Menschen auszuschließen, werden Worte zu Waffen. Bis zu 40 Meter ragen die Externsteine im Teutoburger Wald in die Höhe. Die Nationalsozialisten haben die imposante Felsformation, bei der schon lange eine germanische Kultstätte vermutet, aber nie gefunden wurde, zum Zentrum einer frühen Hochkultur erklärt, auf die sich das deutsche Volk berufen könne. Mit Sonnenwendfeiern und Propagandaauftritten wollte das Regime den Germanenmythos nähren, für den allerdings jegliche Beweise fehlen.
© Berthold Steinhilber / laif