Die Kraft des ewig Fließenden
Klein und zerbrechlich fühlt sich der Mensch angesichts Ehrfurcht gebietender Naturphänomene – und zugleich als Teil von etwas Größerem, Unfassbarem, das ihn teilhaben lässt an der Schöpfung. Vor allem die formende Kraft des Wassers bereichert seit jeher den Erzählschatz der Menschheit: Weltenschöpfer lassen das Land aus dem Wasser aufsteigen, Seen, Ozeane und Wasserfälle sind bevölkert von Nymphen, Nixen und Göttern, Flüsse bilden die Grenze zwischen Leben und Tod. Rund 30 Meter stürzen die Fluten des Wasserfalls von Saut-d’Eau in Haiti hinab. Anhänger des in dem Inselstaat praktizierten Vodun (auch Voodoo genannt) nutzen ihn für ein Reinigungsritual, ebenso dient er Gläubigen der römisch-katholischen Kirche als Wallfahrtsort. Zudem verbinden viele Haitianer beide Kulte, denn die Gottesmutter Maria, die einst bei dem Wasserfall erschienen sein soll, gilt im Vodun als weibliches Geistwesen.
© Matias Delacroix / AP Photo / picture alliance