Tausende Kilometer weit transportierten die Römer wilde Tiere durch ihr Imperium, um sie gegen Gladiatoren antreten zu lassen. Erst im April 2025 konnten Forschende in Nordengland, fernab von Rom, an Knochen eines Tierkämpfers tiefe Bissspuren nachweisen – Wunden, die von einem Duell mit einer Großkatze stammen.
Nun haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im heutigen Serbien einen weiteren aufsehenerregenden Fund untersucht: den Schädel eines Bären, der aus der früheren römischen Grenzstadt Viminacium stammt.
Der Bär wurde von einem dumpfen Schlag getroffen
In einer neuen Studie konnte das Team um Nemanja Marković vom archäologischen Institut in Belgrad nachweisen, dass die Römer das Tier für Kämpfe gegen Gladiatoren eingesetzt haben. Der Schädel "liefert den ersten direkten osteologischen Beweis für die Beteiligung von Braunbären an römischen Spektakeln und gibt einen Einblick in deren Bedeutung im gesamten Reich", schreibt das Forschungsteam im Fachmagazin "Antiquity". Bislang zeugten lediglich Mosaiken, Reliefs und Beschreibungen in antiken Texten von derartigen Schaukämpfen.
Die Forschenden führten am Schädel, der bereits 2016 in der Nähe des Amphitheaters von Viminacium gefunden wurde, CT-Scans und mikroskopische Untersuchungen durch und werteten die DNA aus. Die Analysen ergaben, dass die Fragmente rund 1700 Jahre alt sind und von einem Braunbären stammen. Er war sechs Jahre alt, als er starb.
Der Schädel zeugt von der Gewalt, der das Tier ausgesetzt war: So weisen die Eckzähne auffällige Abnutzungserscheinungen auf. Wahrscheinlich habe der Bär an Käfigstäben gekaut und unter großem Stress gestanden, vermuten die Forschenden. Der Befund deute darauf hin, dass das Tier mehrere Jahre lang in Gefangenschaft gehalten worden sei und "zu mehr als einer Vorführung im Amphitheater von Viminacium eingesetzt wurde", heißt es in der Studie.

Am Stirnbein wiesen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine schwere Fraktur nach: Wahrscheinlich sei die Verletzung durch einen stumpfen Schlag verursacht worden, etwa durch einen Speer, wie ihn Tierkämpfer verwendeten. Diese Verletzung führte zu einer Infektion, an der das Tier schließlich starb.

Im Unterhaltungsprogramm der Römer etablierten sich neben den herkömmlichen Gladiatorenkämpfen Mann gegen Mann im 1. Jahrhundert v. Chr. auch Tierhetzen, bei denen bestiarii oder venatores gegen gefährliche Wildtiere wie Löwen, Tiger, Elefanten, Nashörner, Krokodile oder Bären antraten. Häufig handelte es sich bei den Kämpfern um verurteilte Straftäter, teils aber auch um Freiwillige.
Viminacium, wo der Bärenschädel gefunden wurde, lag an der Außengrenze des Römischen Reichs und entwickelte sich im 1. Jahrhundert n. Chr. zu einem wichtigen römischen Militärzentrum in der Provinz Moesia. Für die Archäologie ist die Fundstätte, rund 50 Kilometer östlich von Belgrad, interessant, weil sie nie von einer modernen Stadt überbaut wurde.