Pionierin Psychoanalyse für die Jüngsten: Wie Anna Freud Kindern eine Stimme gab

Anna Freud ist im Profil zu sehen und lächelt
Ihr gesamtes berufliches Leben widmete Anna Freud den Kindern: Zunächst als Lehrerin, dann als Mitbegründerin der Kinderpsychoanalyse. Einige ihrer Erkenntnisse finden bis heute Anwendung in der Therapie von Kindern
© Mary Evans Picture Library/SIGMU / picture alliance
Im Schatten ihres berühmten Vaters wächst Anna Freud zur Pionierin heran: Sie rückt Kinder ins Zentrum der Psychoanalyse und prägt Therapieprinzipien, die bis heute gelten

Als die ungeladenen Gäste in der Berggasse 19 einfallen, wissen die Freuds sofort, wen sie vor sich haben. Es sind die deutschen Nationalsozialisten, die am 12. März 1938 nach Österreich gekommen sind, um das Land "heim ins Reich" zu holen. Ihre Vertreter in Wien vermuten bei dem berühmten jüdischen Psychoanalytiker Sigmund Freud geheime Machenschaften und verbotene Geldgeschäfte – entsprechend ihrer antisemitischen Ideologie.

Nachdem zunächst ein SA-Trupp das Haus durchsucht hatte, führt die  Gestapo am 22. März eine Razzia bei den Freuds durch. Irgendjemanden aus dem Haushalt werden sie mitnehmen, so viel ist klar. Doch Sigmund Freud bleibt verschont. Statt seiner meldet sich seine 42-jährige Tochter Anna. In einem offenen Wagen wird sie abtransportiert, mit dem starken Schlafmittel Veronal in der Tasche – seinerzeit auch als Suizidmittel bekannt. Damit will Anna Freud auf die mutmaßliche Folter der Nazis vorbereitet sein.