Lang andauernde Wirbelstürme sind auf Jupiter keine Seltenheit. Am bekanntesten ist der Große Rote Fleck, ein mehr als 16.000 Kilometer großer Wirbelsturm, der bereits 1664 von dem englischen Naturforscher Robert Hooke beobachtet wurde und noch heute in der Atmosphäre des Gasplaneten tobt. Die Wirbelstürme entstehen durch aufsteigende Gase aus dem warmen Inneren des Jupiters, die dann von der schnellen Bewegung der oberen Wolkenbänder mitgerissen und in Drehung versetzt werden.
Ein solches Phänomen sollte es jedoch in den polaren Regionen des Jupiters nicht geben. Umso überraschter waren Planetenforschende, als im ultravioletten Bereich aufgenommene Bilder des Weltraumteleskops Hubble Ende der 1990er-Jahre dunkle Ovale an den beiden Polen zeigten.
Im Jahr 2000 passierte die Raumsonde Cassini auf ihrem Weg zum Saturn auch Jupiter und bestätigte die Existenz dieses Phänomens am Nordpol des Riesenplaneten. Manche erwiesen sich als so groß wie die Erde, zuweilen toben sie über viele Monate. Zwar vermuteten die Planetenforschenden, dass es sich bei diesen dunklen Ovalen ebenfalls um Wirbelstürme handeln könnte, doch einen Reim auf die Existenz solcher Tornados in den Polarregionen konnten sich die Wissenschaftler bislang nicht machen.
Alte Hubble-Bilder angeschaut
Wie ein Forschungsteam aus den USA und Großbritannien jetzt herausgefunden hat, verursachen magnetische Wirbel diese Tornados. Die Wirbel reichen tief in die Atmosphäre des Planeten hinein und reißen dunstige Gase nach oben, wie die Wissenschaftler im Fachblatt "Nature Astronomy" berichten.
Um das Rätsel des Phänomens zu lösen, haben Troy Tsubota von der University of California in Berkeley und sein Team Archivbilder von Hubble ausgewertet. Im Rahmen des Projekts OPAL – Outer Planets Atmosphere Legacy – hat das Weltraumteleskop einmal pro Jahr Fotos von Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun gemacht, um Veränderungen in der Atmosphäre dieser Planeten zu dokumentieren.
Wie die Forschenden berichten, zeigen die Jupiter-Bilder im Verlauf von 28 Jahren acht dunkle Ovale am Südpol und zwei dunkle Ovale am Nordpol des Planeten. Offenbar bilden sich die Erscheinungen jeweils innerhalb eines Monats und verschwinden dann meist nach einigen Wochen wieder. Die OPAL-Bilder lieferten den Wissenschaftlern die Grundlage für die Entwicklung eines theoretischen Modells für die polaren Wirbelstürme.
Planet, Atmosphäre, Magnetfeld und Mond beteiligt
Jupiter besitzt ein Magnetfeld, das etwa 20.000 Mal stärker ist als das der Erde. Und wie auf der Erde erzeugen elektrisch geladene Teilchen, die entlang der Magnetfeldlinien an den Polen in die Atmosphäre eindringen, Polarlichter. Zusätzlich ist Jupiter von einem Ring elektrisch geladener Teilchen umgeben, die von den vielen aktiven Vulkanen des Jupitermonds Io stammen.
Die Wechselwirkung zwischen diesem Ring und dem starken Magnetfeld an den Polen führt nun, so die Schlussfolgerung von Tsubota und seinem Team, immer wieder zur Bildung starker magnetischer Wirbel, die sich tief in die Atmosphäre des Planeten herabsenken. Von dort transportieren sie dichte, dunstige Gase nach oben.
"Der Dunst in den dunklen Ovalen ist 50-mal stärker als üblich", erklärte Team-Mitglied Xi Zhang von der University of California in Santa Cruz. Deshalb absorbiere der Dunst ultraviolette Strahlung, und die Region erscheine dunkel.
Die Wirbelstürme an Jupiters Polen seien also letztlich eine Folge des Vulkanismus auf Io – der wiederum durch die starke Gezeitenwirkung des Planeten ausgelöst wird. Die Erkenntnisse über dieses Wechselspiel zwischen einem Planeten, seiner Atmosphäre und seinem Magnetfeld sowie seinen Monden könne auch für die Erforschung von großen Gasplaneten bei anderen Sternen von Bedeutung sein, schreiben die Wissenschaftler.