Was den Deutschen ihr Bier, ist Frankreich seine Seife: Schon 1688 führte die Grande Nation ein Reinheitsgebot dafür ein. Jedes Jahr am 15. Oktober, dem "internationalen Händewaschtag", erinnert die Weltgesundheitsorganisation daran, wie wichtig Seife für die Eindämmung von Infektionskrankheiten ist. Nichtsdestotrotz fehlt es laut Meinungs- und Marktforschungsinstitut IFOP heute drei Millionen Franzosen aus finanziellen Gründen an elementaren Hygieneartikeln.
Deshalb gründete Pauline Grumel die gemeinnützige Organisation Unisoap, mit der sie Seifenreste recycelt, um sie an Bedürftige zu verteilen. Die Unternehmerin wollte nach mehr als zwei Jahrzehnten im Marketing "etwas Sinnvolles" leisten. Nun sammelt sie per Lastwagen jährlich rund drei Tonnen der angebrochenen Körperpflegeprodukte von bisher 450 Hotels ihres Heimatlandes ein. Immer wenn sich in den Betrieben einige Kisten gefüllt haben, rufen sie Unisoap. In Lyon werden die Seifenreste gereinigt, zerkleinert und zu frischen 100 Gramm schweren Exemplaren zusammengesetzt. Letztes Jahr waren es 25.000 Stück. Abnehmer sind inzwischen 40 Hilfsorganisationen wie die Heilsarmee. Sie sorgen dafür, dass die Seifen gratis an Obdachlose, Studierende, Rentner oder Alleinerziehende verteilt werden.
Millionen Seifenstücke landen jährlich im Müll
Den Entschluss, die Non-Profit-Organisation zu gründen, fasste Grumel vor mehr als acht Jahren in einem Hotel im Süden Frankreichs und setzte ihn umgehend in die Tat um. Bei der Abreise hatte sie den Rest Gästeseife auf dem Waschbecken bemerkt, und auf Anfrage klärte der Direktor sie über das Schicksal der angebrochenen Hygieneartikel auf. Fortan bereiste sie die Hotels des Landes, um die Überbleibsel aus den Bädern zu erbitten. "Anhand der Hotels, die uns beliefern, haben wir ausgerechnet, dass allein in kommerziellen Unterkünften in Frankreich jährlich 51 Millionen Seifenstücke im Müll landen. Eine wahnsinnige Verschwendung."
Bei einer Recyclingfirma in den USA schaute Pauline Grumel sich das System der Seifen-Wiederverwertung ab, weil etwas Ähnliches in Frankreich fehlte. Anders als in Amerika müssen in der Europäischen Union die Inhaltsstoffe deklariert werden. Daher vermengt Unisoap immer nur Seifen derselben Hersteller miteinander. Spenden finanzierten schließlich die Recycling-Maschine, genauso wie heute die Gehälter der Mitarbeiter. Alle Produktionsabläufe von Unisoap sind "auf Menschen mit Behinderungen eingestellt," sagt Pauline Grumel.
Über die eigenen Grenzen hinweg
"Einige der Hotelangestellten waren selbst schon mal auf Unterstützung von Hilfsorganisationen angewiesen," erzählt die Französin. Entsprechend begeistert seien auch sie von der Initiative und sammelten akribisch mit. Was das Team von Unisoap wiederum motivierte, seinen Wirkradius zu erweitern. Das Unternehmen fragt inzwischen auch nach Sachspenden wie Kosmetikartikeln und Wäsche direkt bei Händlern und verkauft sie auf seiner Website günstig an Hilfsorganisationen weiter.
Und plant, auch andere Länder zu beliefern. "Wir arbeiten inzwischen über die Grenzen hinweg", sagt Pauline Grumel. Eines der größten Hotels in Dubai etwa spende seine angebrochenen Kosmetikartikel: Bei 1500 Zimmern kommt dort einiges zusammen.
Und auch Workshops zu Haarpflege und Wellness möchte sie organisieren, um ältere Menschen in prekären Situationen zu unterstützen. "Es geht darum die Würde zurückzuerlangen", erklärt sie. Die ehemalige Marketingexpertin hat ein Ziel vor Augen: "Ich möchte, dass man an Unisoap denkt, wenn es um Hygiene geht."