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Zwillingsforschung Die Macht der Gene: Wie viel von uns ist vorherbestimmt?

  • von Martin Tzschaschel
Eineiige Zwillinge teilen nahezu identisches Erbgut. Und doch entwickeln sie sich nicht völlig identisch. Das macht sie zu begehrten Forschungssubjekten. Was lernen wir von ihnen?
Zwei Schwestern, die Zwillinge sind, fotografiert in einem Park
Um dem Ursprung unserer Merkmale und Vorlieben auf den Grund zu gehen, untersuchen Forschende bevorzugt Menschen, die identische Gene haben, aber unterschiedlich aufgewachsen sind
© Dave Nagel / Getty Images

Eine merkwürdige Begegnung. Ein junger Mann sieht bei einem Abendessen seinen Freund Erik und ist irritiert: Erik scheint ihn nicht zu erkennen, zeigt zunächst keine Reaktion – und behauptet dann, er sei nicht Erik, sondern Peter. Eine Verwechslung? Er habe jedenfalls keinen Bruder, der ihm ähnlichsehen könnte. Zu diesem Zeitpunkt weiß der Angesprochene noch nicht, dass seine leibliche Mutter vor 17 Jahren nicht nur ihn, sondern auch einen Zwillingsbruder auf die Welt brachte. Die Jungen wurden nach der Geburt getrennt und wuchsen in unterschiedlichen Familien auf. Beide in der niederländischen Provinz Groningen – nur 30 Kilometer voneinander entfernt, ohne voneinander zu wissen. 

Nicht lange nach dieser Begegnung lernen Erik und Peter sich kennen, die Medien berichten über sie, und eine Zwillingsforscherin wird auf sie aufmerksam. Für die Wissenschaft sind die beiden Niederländer ein Geschenk des Himmels: Zwillinge mit identischen Erbanlagen, die nach der Geburt in getrennten Umgebungen aufwachsen, sind selten. Aber ihre Entwicklung zu erforschen, kann extrem aufschlussreich sein. Zum Beispiel, wenn man herausfinden will, ob bei Menschen ein bestimmtes Merkmal eher durch Umwelteinflüsse entsteht oder eher vererbt wird – etwa Musikalität oder die Anfälligkeit für eine bestimmte Krankheit.