Metastudie Schon zwei Scheiben Wurst am Tag steigern das Diabetesrisiko

Bei einem ohnehin stark erhöhten Diabetesrisiko könnte es sich lohnen, den eigenen Wurstkonsum zu überdenken. 
Bei einem ohnehin stark erhöhten Diabetesrisiko könnte es sich lohnen, den eigenen Wurstkonsum zu überdenken. 
© Beats / Adobe Stock
Wer viel Wurst und rotes Fleisch verzehrt, hat offenbar ein erhöhtes Risiko, an Diabetes zu erkranken. Darauf deutet die bislang größte Metastudie ihrer Art hin. Die Untersuchung hat Schwächen, trotzdem sollte man das Ergebnis ernst nehmen

Hoher Fleischkonsum steht schon länger im Verdacht, ungesund zu sein. Eine groß angelegte Beobachtungsstudie der Universität Cambridge weist nun deutlicher als jemals zuvor auf einen Zusammenhang zur Entstehung von Diabetes Typ 2 hin. Vor allem rotes, verarbeitetes Fleisch steigert demnach das Risiko, an der Stoffwechselstörung zu erkranken. Die Studie ist im Fachmagazin "The Lancet Diabetes & Endocrinology" erschienen.

Für ihre Metaanalyse hatten die Forschenden medizinische, soziodemografische und Ernährungsdaten von rund zwei Millionen Menschen aus 20 Ländern in verschiedenen Weltregionen über zehn Jahre ausgewertet. Die Informationen hierfür stammten aus der europäischen Datenbank Inter Connect, in der Studiendaten zu den Ursachen von Diabetes und Übergewicht systematisch erfasst werden. Die Metaanalyse ist nach Aussage der Hauptautorin Nita Forouhi die bislang größte Studie dieser Art.

Zwei Scheiben Wurst am Tag? Keine gute Idee

Der Studie zufolge erhöhen bereits 50 Gramm verarbeitetes und mit Zusatzstoffen versehenes Fleisch am Tag das Risiko, in den nächsten zehn Jahren an Diabetes zu erkranken um 15 Prozent. Das entspricht zum Beispiel zwei dicken Scheiben Wurst. Auch unverarbeitetes Fleisch erhöht das Risiko bei einem Verzehr von 100 Gramm pro Tag um zehn Prozent. Geflügel ist tendenziell ebenfalls mit einem höheren Risiko assoziiert, hier sind die Ergebnisse jedoch weniger eindeutig.

Zum Verständnis: Das Ergebnis bedeutet nicht, dass jemand, der viel Fleisch und Wurst isst, in den nächsten zehn Jahren mit 15-prozentiger Wahrscheinlichkeit Diabetes entwickelt. Es bedeutet, dass sein Risiko 15 Prozent höher ist als bei einer vergleichbaren Person, die deutlich weniger oder keine Wurst und Fleisch isst. Das individuelle Diabetesrisiko ist noch von einer ganzen Reihe anderer Faktoren abhängig; zum Beispiel Übergewicht, Zuckerkonsum, Bewegungsmangel, Stoffwechselerkrankungen oder genetischer Vorbelastung.

Selbstauskünfte zu Ernährungsdaten sind tendenziell unzuverlässig

Unabhängige Experten geben allerdings zu bedenken, dass sich mit einer solchen Beobachtungsstudie eine Ursache-Wirkungs-Beziehung nicht eindeutig nachweisen lässt. Das liegt daran, dass die Teilnehmenden nicht per Zufall ausgewählt und angewiesen wurden, Fleisch zu essen oder darauf zu verzichten. Daher wäre es zum Beispiel denkbar, dass jemand, der von sich aus viel Fleisch isst, tendenziell eher auch zuckerhaltige Limonaden dazu trinkt und so das Ergebnis verzerrt.

Die Forschenden haben sich zwar bemüht, solche Verzerrungen herauszurechnen, aber an manchen Stellen fehlten ihnen hierfür die nötigen Angaben. Zum Beispiel mangelte es teilweise an Daten zur familiären Krankheitsgeschichte und zum Hüftumfang. Zudem beruhen die verwendeten Ernährungsangaben auf Selbstauskünften und die sind tendenziell eher unzuverlässig.

Trotz Schwächen sind die Ergebnisse der Studie plausibel

Dennoch sind die Ergebnisse plausibel und in Übereinstimmung mit bisheriger Forschung. Professor Naveed Sattar, Spezialist für Stoffwechselerkrankungen an der University of Glasgow, sagte etwa gegenüber dem Science Media Centre: "Dies ist eine wichtige Studie, die trotz des unvermeidlichen Beobachtungscharakters der Ergebnisse sehr gut gemacht ist. Die Daten deuten darauf hin, dass der Verzicht auf rotes und verarbeitetes Fleisch in der Ernährung nicht nur vor Herzkrankheiten und Schlaganfällen schützen kann, sondern auch vor Typ-2-Diabetes, einer Krankheit, die weltweit zunimmt."

Doch warum erhöht ausgerechnet kohlenhydratarmes Fleisch das Risiko für die Stoffwechselkrankheit Diabetes Typ 2, die im allgemeinen Sprachgebrauch ja als "Zucker" bezeichnet wird? Hierzu haben die Forschenden eine Vermutung: Insbesondere fette Wurst enthält viele Kalorien. Die fördern Übergewicht. Und Übergewicht ist ein Hauptrisikofaktor für Diabetes Typ 2. Es lasse sich aber auch nicht ausschließen, dass Fleisch das Risiko auf weiteren, noch unbekannten Wegen beeinflusst. Es besteht weiterer Forschungsbedarf.

Bei einem ohnehin stark erhöhten Diabetesrisiko könnte es sich daher lohnen, den eigenen Wurstkonsum zu überdenken. Zumal rotes Fleisch neben Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch für Dickdarmkrebs mit verantwortlich gemacht wird. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät daher, nicht mehr als 300 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche zu essen. Für die optimale Nährstoffversorgung reichen sogar 120 Gramm Fleisch und maximal 30 Gramm Wurst pro Woche aus. Und je weniger industriell verarbeitet und gepökelt das Fleisch ist, desto besser.