Zum Oktoberfest Alpengipfel, Dirndl & Wiesn: Über die Anziehungskraft eines besonderen deutschen Heimatbildes

Eine Kellnerin auf dem Oktoberfest trägt acht Bierkrüge, im Hintergrund ein Alpenpanorama
Die Idee von "Heimat" dient der Verankerung in aufwühlenden Zeiten, der Politik – und dem Tourismus: Eine Kellnerin des Oktoberfests posiert vor einem Alpenpanorama
© CARO / Klaus Westermann / Ullsteinbild
Ein Wort, ein Gefühl: Seit der Romantik ist der Begriff "Heimat" emotional und politisch aufgeladen. Die Kulturwissenschaftlerin Simone Egger erklärt, warum ausgerechnet die Alpen so gut als Heimatbild funktionieren – als Sehnsuchtsidyll, das zum Oktoberfest auch Hunderttausende aus aller Welt anlockt

GEO: Seit wann haben wir im Deutschen ein Wort für Heimat?

Simone Egger: Die ersten Formen tauchen schon im 15. Jahrhundert auf. Heimat ist im deutschsprachigen Raum zunächst ein Recht – man hat Heimat. Das kann man als frühe Sozialversicherung verstehen: Es ist ein Anspruch auf Versorgung durch die Gemeinde. Mit Heimat ist auch der Besitz gemeint. Das hat etwas damit zu tun, wie die Erbfolge ist in einer bestimmten Region, es gab zum Beispiel den Spruch: "Der Älteste kriegt die Heimat."

Die anderen mussten den Hof verlassen.

Genau. Wenn es acht Kinder gab und einer hat den Hof übernommen, mussten sieben schauen, wie sie weiterkommen. Die Mädchen haben normalerweise irgendwohin geheiratet, die mussten diese erste Heimat also eh verlassen. Und die Söhne, die Knechte wurden, die hatten auch keinen Anspruch darauf. Im Grunde war der Großteil der Menschen heimatlos.

Erschienen in GEO Wissen 1/2022