Das Elterngeld hat das Potenzial, zu mehr Gleichberechtigung zu führen. Denn es wirkt zu einem Zeitpunkt, der für die Rollenverteilung in der Familie zentral ist: der Geburt des ersten Kindes. In Deutschland bleiben nach wie vor in der Mehrheit die Mütter beim Baby zu Hause, die Väter gehen weiter arbeiten. Diese Rollen verfestigen sich über die Zeit. Mütter arbeiten weit öfter Teilzeit als Väter, sie machen seltener Karriere, verdienen häufig weniger Geld und bekommen bis dato nicht einmal halb so viel Rente ausgezahlt wie Männer.
Mit dem vor 15 Jahren eingeführten Elterngeld und den zwei Partnermonaten hat die Politik erstmals am traditionellen Familienmodell gerüttelt. Plötzlich war es erwünscht, dass Frauen nach zwölf Monaten Elternzeit wieder in den Beruf einsteigen und auch Väter ihr Kind versorgen.
Studien zeigen: Väter engagieren sich nach Elternzeit mehr in der Familienarbeit
Tatsächlich zeigen Studien, dass Väter, die Elternzeit nehmen, sich anschließend stärker in der Familienarbeit engagieren. Sie kümmern sich an Werktagen mehr um ihr Kind und helfen stärker bei der Hausarbeit als Väter, die durchgearbeitet haben. Dieser Effekt hält über Jahre an und ist direkt auf das Elterngeld zurückzuführen.
Außerdem hat das Elterngeld dazu beigetragen, soziale Normen zu verändern. Es ist inzwischen gesellschaftlich akzeptiert, dass Väter Elternzeit nehmen und Mütter nach einem Jahr Auszeit wieder arbeiten gehen. Beispielsweise schrieben Großeltern, deren Söhne nach Einführung des Elterngeldes Vater wurden, Müttern seltener die Hausfrauenrolle zu als diejenigen, deren Söhne vorher Kinder bekommen hatten, zeigte unlängst eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Bisher gehen nur 40 Prozent der Väter in Elternzeit
Das Elterngeld hat also zu etwas mehr Gleichberechtigung beigetragen. Doch bisher gehen nur 40 Prozent der Väter in Elternzeit, mehr als drei Viertel davon bleiben nur die zwei Partnermonate zu Hause.
"Forschungsergebnisse zeigen: Wenn beide Eltern je zur Hälfte Elternzeit nehmen, dann teilen sie sich auch danach die Familien- und Erwerbsarbeit fairer auf", sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW. Sie plädiert deshalb dafür, die Partnermonate deutlich auszuweiten und Anreize dafür zu schaffen, dass Väter unabhängig von der Mutter Elternzeit nehmen. Die Ampelkoalition hat sich zumindest darauf geeinigt, einen dritten Partnermonat einzuführen – ein erster Schritt.