GEO: Herr Professor Brisch, sind Smartphones in den Händen von Kleinkindern tabu?
Prof. Karl Heinz Brisch: Es steht einem Kind – gleich welchen Alters – zu, neugierig zu sein, die Welt erforschen zu wollen. Dazu gehört zum Beispiel auch, das neue Smartphone der Mutter oder des Vaters zu inspizieren, etwa zu schauen, was man damit alles machen kann. Von früh an bekommen Mädchen und Jungen ja mit, dass dieses Gerät offenbar hochspannend für die Eltern ist. Nur verständlich, dass auch die Kleinsten sich dafür interessieren.
Es spricht also nichts dagegen, einem Zweijährigen einen blinkenden Bildschirm zu überlassen?
Besser wäre es, gemeinsam und spielerisch zu erkunden: Wo kommen die Töne her? Wie fühlt sich die Oberfläche an? Was geschieht, wenn man darauf herumdrückt? Am liebsten würde ein Kleinkind eine ganze Versuchsreihe starten: Schwimmt das Telefon in der Badewanne? Taucht es von allein wieder auf? Hört man es auch unter Wasser? Das wird eine Mutter natürlich nicht zulassen. Nun kommt es darauf an, dem Kind seinen Frust zuzugestehen und es gleichzeitig liebevoll zu trösten, etwa indem man sagt: "Ich weiß, es wäre jetzt spannend, das Smartphone noch weiter zu untersuchen, aber Mama möchte das nicht. Ich habe eine Idee, was du stattdessen erforschen könntest."
Oft scheinen aber schon die Jüngsten nichts faszinierender zu finden, als sich Videoclips etwa auf Tablets anzuschauen.
Umso verführerischer ist es für Eltern, solche Geräte zu nutzen, um quengelnde Kinder zu beruhigen. Manche machen davon routinemäßig Gebrauch. Während einer Busfahrt begegnete ich einer Mutter, die mit zwei Zwillingsmädchen – beide gerade ein Jahr alt geworden – und deren Oma zustieg. Erst zog die Mutter ein Handy aus ihrer Tasche und drückte es dem zappelig werdenden Kind auf ihrem Arm in die Hand. Dann zückte sie ein zweites Handy und gab es der anderen Tochter. Schließlich holte sie ein drittes Handy hervor und tippte darauf herum. Die Oma stand daneben.