
Rebellenglück: das Yppenviertel in Wien
Die Stadtplaner hatten das heruntergewohnte Gründerzeitquartier zwischen Ottakring und Josefstadt längst aufgegeben, wollten eine gesichtslose Wohnbebauung hochziehen. Das weckte in den 90ern den Widerstandsgeist der Künstler, die im Multikultibezirk rund um die ehemalige Großmarkthalle die Nischen bespielten – und die Planer zum Umdenken überredeten. Aus dem zentralen Yppenplatz wurde eine autofreie Zone mit Straßenmusik und vielen Cafés (z.B. das "Café Wirr" mit seiner Dachterrasse, Vinotheken (z.B. "Truksitz", das zig österreichische Weine verkostet) und Restaurants (z.B. das "Wetter" mit leckerer ligurischer Küche). Der Brunnenmarkt, einer der größten Straßenmärkte Wiens, bekam teils feste Stände, die "Paradice Board Game Bar" zog mit ihren mehr als 1000 Spielen und einem spielbegeisterten Publikum in ein modernes Haus am Yppenplatz, die lärmende Ottakringer Straße wurde zurückgebaut und mit Bänken und Bäumen wieder attraktiv. Aus der vorübergehenden Nutzung vieler leerer Hallen durch die Künstler, damals auch Treffpunkte für den Widerstand im Grätzl, entstand die "Kunsttankstelle Ottakring" oder die "Brunnenpassage", wo heute noch Performances und Konzerte der Off-Szene gegeben werden. Grätzl, so nennen die Wiener ihre Nachbarschaften, aber nur, wenn sie sich dort besonders wohlfühlen.
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