Wer um sechs Uhr morgens in 5000 Meter Höhe durch den Schnee stapft und nach Luft ringt, ist froh, nicht allein zu sein. Ich stehe unterhalb des Thorong La, eines Passes im nepalesischen Teil des Himalayas, vor den Augen tanzt der Lichtkegel der Stirnlampe, verschneite Gipfel ragen in den Morgenhimmel. Außer dem Klappern der Wanderstöcke und dem Knirschen der Schuhsolen auf dem vereisten Schnee ist nichts zu hören. Ich atme tief ein, bleibe stehen und spüre, wie mir jemand auf die Schulter klopft. "Wir haben es fast geschafft, mein Freund, bald sind wir oben." Es ist Malween, ein Franzose, erst vor zwei Wochen haben wir uns kennengelernt. Ich nicke, atme noch einmal tief ein, dann gehen wir weiter.
Das Erste, was ich von Malween am Flughafen von Kathmandu, der Hauptstadt Nepals, gesehen habe, sind seine Locken. Ein Dutzend Backpacker schleppte Rucksäcke durch die Empfangshalle. Einer von ihnen war: Malween. Breite Schultern, dunkle Lockenmähne. "Warum bist du in Nepal?", fragt der Franzose. "Annapurna Circuit", antworte ich. "Dito", sagt Malween und grinst. "Lass uns zusammen gehen." Kurz überlege ich, dann nicke ich. "Warum nicht." Noch in der Schlange der Zollkontrolle, während nepalesische Beamte unsere Pässe stempeln, schließe ich eine erste Reisefreundschaft. So war das.