Wenn Menschen mit rotem Haar geboren werden, verdanken sie diese außergewöhnliche Färbung einer Genmutation: Eine Veränderung des Membranproteins MC1R auf Chromosom 16 sorgt bei ein bis zwei Prozent der Weltbevölkerung für eine leuchtend rote Haarpracht. Auch bei Hunden, Mäusen oder Pferden kann diese Veränderung des Membranproteins rotes Fell sprießen lassen. Katzen mit rotem Fell hingegen tragen keine solche Mutation. Mysteriöserweise sind Katzen mit rotem Fell zudem meist männlich – während rote Haare bei Menschen aller Geschlechter vorkommen.
Paaren sich eine rote und eine schwarze Katze, sind deren weibliche Nachkommen meist mehrfarbig. Ihr Fell setzt sich dann aus einem schwarz-roten Mosaik zusammen oder zeigt schwarze und orangefarbene Flecken auf weißem Fell. Männliche Nachkommen sind dagegen in der Regel einfarbig – sie tragen entweder nur schwarzes oder eben nur rotes Fell. Aber warum ist das so?
Nach Jahrzehnten des wissenschaftlichen Rätselratens könnten nun zwei Studien, die als Preprints auf der Seite "bioRxiv" veröffentlicht wurden und noch fachlich begutachtet werden müssen, eine Erklärung für die rote Fellfarbe von Katzen liefern. Sowohl die Forschenden der japanischen Kyushu-Universität als auch jene der kalifornischen Stanford University fanden in den Hautzellen von Katzen mit rotem Fell 13-mal mehr RNA eines Gens, das als ARHGAP36 bekannt ist, als in den Hautzellen von andersfarbigen Katzen.
Anders als beim Menschen handelt es sich bei der Veränderung aber nicht um eine Genmutation, ARHGAP36 sieht bei allen Katzen gleich aus. Stattdessen ist ein benachbarter DNA-Abschnitt verloren gegangen, der normalerweise die übermäßige RNA-Produktion von ARHGAP36 reguliert. Diese sogenannte Gendeletion in den Hautzellen der Katze sorgt für die Produktion des roten Pigments Phäomelanin, das das Fell der Katze rötlich erscheinen lässt.
Veränderung auf Geschlechtschromosom
Davon sind nicht alle Katzen gleichermaßen betroffen: Rund 80 Prozent der Katzen mit rotem Fell sind männlich. Die Forschenden glauben daher, dass die Genvarianten für schwarzes oder rotes Fell auf einem der Geschlechtschromosomen liegen, vermutlich auf dem X-Chromosom. Da Kater nur ein X-Chromosom von ihren Eltern erben, sind sie in der Regel einfarbig – und haben im Fall einer Gendeletion rotes Fell. Bei weiblichen Katzen, die zwei X-Chromosomen und damit die unterschiedliche DNA von Mutter und Vater erhalten, entsteht ein gemustertes oder marmoriertes Fell.
Das erklärt auch den Unterschied zu Mensch, Maus, Hund oder Pferd: Bei ihnen liegt das Membranprotein, das für die Rotfärbung des Haars verantwortlich ist, auf einem geschlechtsunabhängigen Chromosom.
Erstaunlich an der neuen Entdeckung ist, dass die Fellfarbe bei Katzen ausgerechnet über das Gen ARHGAP36 bestimmt wird. Dieses steuert normalerweise die Embryonalentwicklung, größere Mutationen können hier gefährliche Folgen bis hin zum Tod haben. Weil bei rotfelligen Katzen aber durch die Deletion aber lediglich die Melanozyten, die pigmentbildenden Zellen der Haut betroffen sind, scheinen Katzen mit rotem Fell keine gesundheitlichen Nachteile zu haben.