Klimabilanz des Krieges Nicht Panzer oder Kriegsschiffe: Wo im Ukraine-Krieg die meisten Emissionen entstehen

Kaputter Panzer in zerstörter russischer Stadt
Zerstörung und Wiederaufbau verursachten seit Beginn der vollumfänglichen russischen Invasion in der Ukraine zusammen 175 Millionen Tonnen Klimagas-Emissionen
© Zoonar/Sofiia Potanina / picture alliance
Rund 175 Millionen Tonnen Klimagase: Das ist einem aktuellen Bericht zufolge die Klimabilanz von zwei Jahren Krieg. Den größten Anteil daran haben nicht Militärfahrzeuge. Sondern Aufräumarbeiten und Wiederaufbau

Im Krieg Russlands gegen die Ukraine starben bislang Hunderttausende Soldaten und Zivilisten, ganze Städte wurden verwüstet. Doch neben dem Leid von Menschen und Tieren und den Schäden an Gebäuden und Infrastruktur sind auch die Schäden für die Umwelt enorm. Jetzt hat ein Forscherteam den Schaden der mehr als zwei Jahre anhaltenden russischen Aggression für das Klima errechnet.

Das Ergebnis: Die kriegsbedingten Emissionen summieren sich auf 175 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente (CO2e). Gemeint sind damit alle Klimagase zusammengenommen, umgerechnet auf die Klimaschädlichkeit von CO2. Das entspricht dem Bericht zufolge den Emissionen, die 90 Millionen Verbrenner-Autos oder 260 Kohlekraftwerke mit einer Leistung von je 200 Megawatt in einem ganzen Jahr erzeugen.

Den größten Teil der Emissionen machen Bautätigkeiten aus

Vielleicht überraschend: Der größte Teil der durch den Krieg verursachten Emissionen stammt nicht aus den Auspuffrohren von Panzern und anderen Kriegsfahrzeugen – sondern geht auf Bautätigkeiten zurück. Fast ein Drittel der gesamten kriegsbedingten Klimagase – 56 Millionen Tonnen CO2e – wird den Berechnungen zufolge durch Bautätigkeiten verursacht: durch Abriss- und Aufräumarbeiten, den Abtransport und die Entsorgung des Schutts, die Materialbeschaffung und den Wiederaufbau.

Erst an zweiter Stelle folgen die eigentlichen Kriegshandlungen: Mehr als 51 Millionen Tonnen CO2e gehen auf das Konto von Truppenbewegungen und Nachschub, die Herstellung von Munition und den Bau von Befestigungsanlagen aus Stahl und Beton.

Auch die drittgrößte Quelle von Emissionen überrascht: 24 Millionen Tonnen CO2e sind in den vergangenen zwei Jahren des Krieges allein dadurch in die Atmosphäre gelangt, dass Flugrouten wegen der Sperrung der Lufträume über Russland und der Ukraine geändert werden mussten – und länger wurden, vor allem in Osteuropa und zwischen Russland und der Türkei.

Auch Waldbrände (23 Millionen Tonnen), Schäden an der Energieinfrastruktur (17 Millionen Tonnen) und Transport und Versorgung von Flüchtlingen (drei Millionen Tonnen CO2e) trugen zur verheerenden Klimabilanz des Krieges bei.

Die Autorinnen und Autoren betonen, dass es sich bei den Posten der Aufstellung nur um diejenigen Emissionen handelt, die direkt der russischen Aggression zuzuordnen sind. "Als indirekte Folge der groß angelegten Invasion ist die Welt unsicherer geworden", heißt es in dem Bericht. Die Militärausgaben seien gestiegen, insbesondere auf dem europäischen Kontinent. Und das führe unausweichlich zu dauerhaft höheren Emissionen.

Schon heute gehen etwa 5,5 Prozent der weltweiten Klimagasemissionen auf Rüstung und Militär zurück.

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