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Entdeckerin Mary Kingsley: Mit Schirm, Charme und Damenhut nach Afrika

Der Fluss Ogoué und die Afrikareisende Mary Kingsley
Mary Kingsley ist ledig und 30 Jahre alt, als sie nach dem Tod ihrer Eltern beschließt, aus der starren Gesellschaft Englands nach Afrika zu fliehen. Ihren Wollrock legt sie selbst auf Kanutouren über den Fluss Ogooué (oben links) nicht ab

© Imagebroker / picture alliance (links); Pictorial Press Ltd / Alamy (rechts)
Um Fische zu untersuchen und indigene Kulturen zu verstehen, bricht die Engländerin Mary Kingsley 1893 in die westafrikanischen Tropen auf. Allein. Sie trotzt Stromschnellen, Krokodilen und Kannibalen. Und verändert Europas Blick auf den afrikanischen Kontinent
Text: Tanja Beuthien

Eine afrikanische Nacht, wie erträumt: ohne Moskitos, ruhig und sternenklar, nur von den Feuern der Wachen erhellt. Zum Schutz gegen Leoparden stehen die grob gezimmerten Hütten aus Rindenholz in der Siedlung dicht aneinander. In einer davon schreckt Mary Kingsley aus ihrem Schlaf auf: Aber kein Geräusch hat sie geweckt, sondern ein merkwürdiger Geruch.

Sie ist im Juli 1895 zum ersten Mal in diesem Dorf der Fang, einer Ethnie im damaligen Französisch-Kongo. Erst per Schiff, dann im Kanu und zuletzt zu Fuß durch den Regenwald hat sie sich aus Europa bis hierher durchgekämpft, bei ihrer Ankunft schon neugierig beäugt von den Einheimischen, die Löcher in die Hüttenwand bohren, um sie beim Teetrinken zu beobachten: eine zierliche, blonde, blauäugige Engländerin in Schnürstiefeln, schwarzem Wollrock, hochgeschlossener Bluse und mit straff sitzendem Hut.

Zum Schlafen hat Mary Kingsley sich einen Platz zwischen aufgestapelten Kisten gesucht, ein ganzes Stück entfernt von den Männern, die als Träger mit ihr reisen. Als Kopfkissen dient ihr ein Tabaksack.

Über ihrem Kopf hängen seltsame Beutel – mit noch seltsamerem Inhalt

Aber nun ist sie wach. Der Gestank scheint von den Beuteln auszugehen, die sorgfältig verschnürt über ihr am Gebälk hängen.

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