Es ist eine der berühmtesten Telefon-Szenen der Filmgeschichte: Die französische Sängerin und Schauspielerin Anna Held, gespielt von Luise Rainer, ruft ihren Ex-Mann an und gratuliert ihm zur Hochzeit – obwohl sie ihn doch liebt. Krampfhaft versucht sie zu lächeln, weint dann aber doch und sackt schließlich tränenüberströmt auf ihrem Bett zusammen.
Für diese Darstellung in "Der große Ziegfeld" erhält Rainer 1936 den Oscar als beste Schauspielerin, als bis heute einzige Deutsche. Mehr noch: Im Jahr darauf wird sie gleich noch einmal mit dem Preis ausgezeichnet, diesmal für ihre Rolle als chinesische Bäuerin in "Die gute Erde". Wer war die Schauspielerin, die in Hollywood riesige Erfolge feierte – und dann in Vergessenheit geriet?
Luise Rainer wurde als "neue Greta Garbo" gefeiert
Luise Rainer wird 1910 in Düsseldorf in eine jüdische Familie hineingeboren, als Tochter eines Geschäftsmanns und einer Pianistin. Ihre Laufbahn erkämpft sie sich gegen den Willen des Vaters, der die Schauspielerei für nichts als Hurerei hält. Heimlich spricht sie für erste Rollen vor, steht ab 1928 in Wien und Berlin auf der Bühne.
Schließlich entdeckt ein Talentscout des amerikanischen Hollywoodstudios MGM die junge Schauspielerin, die 1935 – wie so viele deutschsprachige Filmschaffende – in die USA emigriert. Dort wird sie schlagartig berühmt: Ihr Studio vermarktet sie als "neue Greta Garbo" und als "Wiener Träne", kann sie doch angeblich auf Kommando weinen. Bereits ihr zweiter Hollywoodfilm "Der große Ziegfeld" bringt ihr den Oscar ein, dabei ist sie kaum 20 Minuten in dem Streifen zu sehen. Als sie 1937 erneut zur besten Schauspielerin gekürt wird, scheint Rainer endgültig Hollywoods neuer Superstar zu sein.
Doch es kommt anders: Ihre Karriere befindet sich im freien Fall. Die Oscars verfolgen die Schauspielerin wie ein Fluch, wecken Erwartungen, die sie in den Augen von Kritikern und Publikum nicht erfüllen kann. Rainer selbst fühlt ihr Talent für minderes Filmmaterial verschwendet.
Sie zerstreitet sich mit ihrem Filmstudio über ihre Rollen, schmeißt 1938 hin. "Wir haben Sie erschaffen, wir werden Sie vernichten", soll Studioboss Louis B. Mayer ihr hinterhergerufen haben.

Tatsächlich steht Rainer vor dem Ende ihrer Karriere, mit 30 Jahren. Sie hat genug von Hollywood, wo sie – wie sie später sagte – in drei Jahren kein einziges geistreiches Gespräch geführt habe. Stattdessen kehrt sie nach Europa zurück, studiert Medizin, hilft Waisenkindern des Spanischen Bürgerkriegs, tritt in Nordafrika und Italien vor alliierten Soldaten auf.
Sie lebt vor allem in London und der Schweiz, nimmt noch eine Handvoll Theater- und Fernsehrollen an, steigt aber nie wieder ins große Filmgeschäft ein. Einen ihrer Oscars soll sie als Türstopper verwendet haben, den anderen verschenkt: an einen Möbelpacker.
2014 starb Luise Rainer im Alter von 104 Jahren in London.