So stellen sie sich im Silicon Valley also die Zukunft vor: Mit 120, 130 und weit darüber hinaus wollen ehrgeizige Wissenschaftler und finanzstarke Geldgeber immer noch aus dem Vollen schöpfen. Auf dem Golfplatz oder im Socialclub. Auf Reisen in ferne Länder oder beim Familientreffen mit den Ur-Urenkeln. Vor allem aber: gesund, vital, geistig fit – forever young. Dafür lenken sie Milliarden in die Erforschung von Therapien, die das natürliche Ende des Körpers bezwingen sollen. Dafür schlucken sie schon heute Dutzende Pillen pro Tag, halten strenge Diäten, erlegen sich rigide Trainingsroutinen auf, überwachen ihren Schlaf. Bloß nicht lax werden im Wettbewerb um die meisten Jahre! Nur wer entsprechend investiert, darf eine Dividende auf seinem Lebenszeitkonto erwarten. Longevity ("Langlebigkeit") heißt das englische Wort für diesen Trend.
Ich halte ihn für einen großen Irrtum. Na klar: Wenig spricht dagegen, neue Verfahren gegen die Beschwerden des Alters zu entwickeln. Niemand möchte jahrelang an Demenz leiden müssen, mit Arthritis oder Rheuma an ein Krankenbett gefesselt sein. Die späten Jahre sollen gute, fitte Jahre sein, warum auch nicht? Die Bestrebungen der Longevity-Forscher gehen aber viel weiter. Mehr und mehr wollen sie etwa mittels Gentherapien die Lebensspanne weit über das bisherige Maß ausdehnen. Das ultimative Ziel ist kein geringeres als: den Tod selbst abzuschaffen.