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Auswertung von 90 Studien Einsame Menschen haben ein höheres Sterberisiko

Eine Frau sitzt alleine auf einer Bank
Ein Mangel an sozialen Kontakten gehe im Mittel mit einem um etwa 32 Prozent höheren Sterberisiko einher.
© Hanno Bode / imago images
Einsame Menschen haben einer Auswertung zufolge ein höheres Risiko, an bestimmten Krankheiten zu sterben. Das liegt auch an Stresshormonen. Forschende fordern mehr Maßnahmen gegen Vereinsamung und soziale Isolation

Das Gefühl von Einsamkeit und gesellschaftliche Isolation können das Sterberisiko eines Menschen merklich erhöhen. Das bestätigt eine umfangreiche Analyse eines chinesischen Forschungsteams.

Ein Mangel an sozialen Kontakten gehe im Mittel mit einem um etwa 32 Prozent höheren Sterberisiko einher, das Gefühl von Einsamkeit mit einem um etwa 14 Prozent höheren Risiko, berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Nature Human Behaviour".

Einsamkeit: verstärkte Ausschüttung des Stresshormons Cortisol

Als eine körperliche Ursache für das erhöhte Risiko sehen die Forscher eine verstärkte Ausschüttung des Stresshormons Cortisol, was die Körperfunktionen auf Dauer negativ beeinflusse. Statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den Geschlechtern gab es der Auswertung zufolge nicht. Allerdings fühlten sich Frauen eher einsam – obwohl sie in der Regel größere soziale Netzwerke hatten. Bei Männern seien das Alleinleben und ein Mangel an zwischenmenschlichen Kontakten verbreiteter, ihr angegebenes subjektives Gefühl von Einsamkeit spiegele das aber oft nicht wider.

90 Untersuchungen zu Einsamkeit mit 2,2 Millionen Teilnehmenden

Die Gruppe um Yashuang Zhao und Maoqing Wang von der Harbin Medical University hatte 90 Untersuchungen aus verschiedenen Ländern mit insgesamt mehr als 2,2 Millionen Teilnehmenden ausgewertet. Als soziale Isolation wurde dabei ein objektiver Mangel an Sozialkontakten bei Menschen mit begrenztem sozialen Netzwerk betrachtet. "Im Gegensatz dazu ist Einsamkeit ein subjektives Gefühl der Not, das entsteht, wenn ein Missverhältnis zwischen gewünschten und tatsächlichen sozialen Beziehungen besteht", schreiben die Studienautoren.

Schon in der Vergangenheit hatten Studien ergeben, dass Einsamkeit und Isolation zu einer höheren Sterblichkeit führen können – es gab allerdings auch Analyseergebnisse, die das nicht bestätigten. Zhao, Wang und Kollegen suchten nun aus mehr 14.000 Studien zu sozialer Isolation und Einsamkeit 90 heraus, die zwischen 1986 und 2022 veröffentlicht wurden und bestimmten Kriterien entsprachen. So wurden nur Studien gewählt, bei denen andere Faktoren wie Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index, Rauchen und Alkoholkonsum bei der Untersuchungsgestaltung und der statistischen Auswertung berücksichtigt worden waren. 29 der Studien wurden in den USA durchgeführt, 61 in anderen Ländern, darunter Großbritannien, Japan und Finnland. Alle Teilnehmer waren 18 Jahre oder älter, 70 Prozent waren 50 Jahre oder älter.

Einsamkeit erhöht Krebsrisiko: Forschende fordern Strategien und Therapien

Aus den Werten, die für den Einfluss von Einsamkeit oder sozialer Isolation auf das Sterberisiko ermittelt wurden, berechnete das Team Durchschnittswerte. Demnach erhöht soziale Isolation zum Beispiel das Risiko, an einer Krebserkrankung zu sterben, um 22 Prozent, Einsamkeit um 9 Prozent. Im Hinblick auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Todesursache erhöht soziale Isolation das Sterberisiko um 34 Prozent. Auch für Einsamkeit ergab sich ein erhöhter Wert, der aber statistisch nicht eindeutig war.

Zwar erfolgte die Messung von Einsamkeit und sozialer Isolation in den berücksichtigten Studien unterschiedlich und 90 Prozent der Untersuchungen wurden in Ländern mit hohem Durchschnittseinkommen durchgeführt. Dennoch gehen die Studienautoren davon aus, dass allgemein ein Zusammenhang zwischen Einsamkeit, sozialer Isolation und erhöhtem Sterberisiko besteht. Sie fordern, dass die Medizin diese Faktoren bei Therapien stärker berücksichtigen sollte und dass Strategien entwickelt werden sollten, um das gesellschaftliche Problem der Vereinsamung gezielt anzugehen.

Stefan Parsch/ dpa

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