Oben ist es still geworden im Herzen Wiens: Die prunkvollen Gemächer der Kaiserin Sisi liegen im Dunkeln, die Schlangen vor der Hofreitschule sind verschwunden. Unten, im zweiten Kellergeschoss der Wiener Hofburg, ist Marissa Giustina – schwarze, kurze Locken, athletisch, 25 Jahre alt – in dieser Nacht im September 2015 drauf und dran, Albert Einstein zu widerlegen.
Unspektakulär sieht das Experiment aus, das sie in einem der hohen, labyrinthischen Gänge zehn Meter unter dem Heldenplatz aufgebaut hat: Blauviolett glimmt in einer abgedunkelten Kabine ein Laser, ein Kristall erzeugt Zwillinge von Lichtteilchen, getrennt flitzen sie zu zwei Detektoren an den entgegengesetzten Enden des Ganges. Still ist es, bis auf das Keuchen der Ventile, durch die Kühlmittel in die Detektoren strömt.
In ihrem Inneren geschieht Verrücktes: Wird die Eigenschaft eines der beiden Teilchen – in diesem Fall seine Schwingungsrichtung – gemessen, dann ist augenblicklich klar, welchen Wert die Vermessung des Zwillingspartikels am anderen Ende des Korridors ergibt. Obwohl bei dieser zweiten Messung wie in der Quantenphysik üblich eigentlich der Zufall walten sollte. Es scheint, als wären die beiden Partikel durch ein unsichtbares Band verknüpft.