40 Jahre Interrail 1988: Schöne Augen und ein Pleiteende

Ende der 80er Jahre tourte Inga Voller mit dem Interrail-Ticket durch Südeuropa und genoss die Spontanität auf Schienen

In den Sommerferien, bevor es in das letzte Schuljahr ging, reisten meine Freundin Petra "Peddi" und ich quer durch Europa. Von Bremen ging es zuerst nach Amsterdam. Dort haben es uns vor allem die Coffeeshops angetan: Wir konnten gar nicht fassen, wie die Menschen seelenruhig ihre Joints rauchten - und das auch noch durften! Aus lauter Neugierde landeten wir dann im "Bulldog", einer damals bekannten Coffeeshop-Kette. Uns wurde allerdings sehr schnell schlecht von dem ungewohnten Kraut, sodass unser Ausflug ins "Bulldog" nicht von langer Dauer war.

Von Amsterdam fuhren wir nach Paris und weiter gen Süden nach Nizza und Aix-en-Provence, wo wir uns jede einen Urlaubsflirt gegönnt haben. Den Namen meines Verehrers habe ich vergessen, aber ich erinnere noch ganz deutlich: Er war von Martinique und hatte die strahlendsten blauen Augen überhaupt.

Nächster Halt war Madrid. Hier konnten wir bei einer ehemaligen Austauschschülerin von mir unterkommen. Es war toll privat bei einer Spanierin zu wohnen und das "echte" Leben einer Madrider Großstädterin mitzuerleben. Ein paar Tage später waren wir schon in Lissabon, wo wir zufällig auf Bekannte aus Bremen, die mit ihren Enten bis hierher gefahren waren, stießen. Wir legten ein paar Party-Tage ein, ein Riesenspaß, aber sehr zulasten unserer Reisekasse. Es wurde Zeit, wieder gen Heimat zu reisen. Ab hier begann die Pechsträhne!

40 Jahre Interrail: Kaum noch zu erkennen: Unsere Zeitzeugin Inga Voller, 1988 unter den Lasten ihres Rucksackes
Kaum noch zu erkennen: Unsere Zeitzeugin Inga Voller, 1988 unter den Lasten ihres Rucksackes
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Pleiten, Pech und Pannen

Auf dem Rückweg haben wir, um Geld zu sparen, auf unseren Rucksäcken in den Gängen der Züge geschlafen. Obwohl wir mit dem Kopf auf dem Gepäck lagen, hat es ein Typ geschafft uns auszurauben, dabei hatte er sich vorher noch nett mit uns unterhalten… Nun hatten wir noch weniger Geld und eine Kamera weniger, dafür aber eine Lektion in Sachen Naivität umsonst.

In Cannes nächtigten wir aufgrund des Geldmangels auf einer Wiese nahe der Promenade und wurden jäh von den Rasensprengern geweckt und dann von der Gendarmerie verscheucht. Nun war unsere Laune endgültig im Keller, und wir wollten schnellstmöglich über Paris und Groningen nach Hause. Doch auch das klappte nicht ganz ohne Zwischenfall: In Paris sind wir falsch umgestiegen und dann in Metz an der deutschen Grenze gelandet. Ohne Geld ging es von da aber nicht über den direkten Weg nach Hause, da die Strecken innerhalb Deutschlands ja kosteten. Also eine Nacht auf dem Fußboden der Bahnhofshalle in Metz mit einer Pommes für zwei.

Am nächsten Tag fuhren wir dann über Brüssel gen Norden. In Groningen haben wir uns Geld für die Telefonzelle zusammengeschnorrt und zuhause angerufen, dass wir bitte schön vom Bahnhof abgeholt und mit einem großen Stullenpaket empfangen werden möchten!

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