Von Minute zu Minute wird der Boden unter mir matschiger, der Himmel über mir dunkler, das Gestrüpp um mich herum dichter. Mit erhobenen Armen schreite ich durch brusthohe Nesseln, während Mücken an mir saugen. In der einen Hand mein Handy, das mir anzeigt, dass ich tatsächlich hindurch muss, wo kein Weg zu sein scheint. Mit der anderen versuche ich meine Schritte auszubalancieren. Ich klettere über umgefallene Baumstämme, steige über riesige Wurzeln, die aus dem Boden ragen, muss mich ducken und Äste aus dem Weg räumen. Bilder vergangener Reisen durch den Amazonas steigen in mir auf – nur dass mich diesmal keine Jaguare begleiten, höchstens ein paar Smaragdeidechsen. Bis ich schließlich mitten im Morast zum Stehenbleiben gezwungen werde.
Aussteiger auf Zeit 2400 Kilometer zu Fuß: Wie ich auf dem "Sultans Trail" zu mir zurückfand
Nach einer Lebenskrise bricht Martin Zinggl auf, wandert von Wien bis Istanbul, um die Balance wiederzufinden. Und steht vor ungewohnten Herausforderungen

Eine Wanderung quer durch Europa, durch acht Länder, von Österreich bis in die Türkei: Was Martin Zinggl auf seinem Trip erlebt, welche Grenzen, mentale wie physische, er überwinden muss, hat er in seinem Buch "Das ist kein Spaziergang" zusammengefasst. Und beschrieben, warum diese Expedition auch zu einer Reise in sein Innerstes wurde
© Julia Koch / Knesebeck