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"Jagdschutz" Zehntausende "Streuner" werden möglicherweise zu Unrecht erschossen - das sollten Halter beachten

Streunende Katze
In den meisten Bundesländern dürfen "wildernde" Katzen und Hunde erschossen werden, wenn sie sich weiter als 200 oder 300 Meter vom letzten Haus entfernen
© mauritius images / EyeEm / Alamy
Jedes Jahr werden in Deutschland zehntausende Katzen und Hunde erschossen – aufgrund "vollkommen unangemessener" Gesetze und Annahmen, wie die Deutsche Gesellschaft für Tierschutzrecht kritisiert

"Katze vermisst", "Hund entlaufen": Viele Heimtierbesitzer finden ihre vermissten Lieblinge niemals wieder. Sie könnten Opfer eines Verkehrsunfalls geworden sein. Oder sie wurden von einem Jäger erschossen.

Offizielle Zahlen dazu gibt es nicht. Aber der Deutsche Tierschutzbund schätzt, dass jedes Jahr in Deutschland "mehrere zehntausend Katzen" und "weit über hundert Hunde" von Jägern getötet werden. Die Tierschutzorganisation PETA geht sogar von 200.000 erschossenen Katzen und "tausenden Hunden" aus. Dass es keine verlässlichen Zahlen gibt, wie sie etwa der Deutsche Jagdverband für mehr als zwanzig verschiedene Tierarten bereitstellt, hat einen einfachen Grund: Getötete Hunde und Katzen müssen in den meisten Bundesländern nicht dokumentiert werden.

Wann und wo darf geschossen werden?

Generell verboten ist der Abschuss von Hunden und Katzen nur im Saarland. In Nordrhein-Westfalen gilt ein Verbot immerhin für Katzen.

Die Jagdgesetze der meisten Bundesländer dagegen erlauben den Abschuss ausdrücklich – sofern sich die Katze oder der Hund weiter als 200, in manchen Ländern auch 300 Meter vom letzten bewohnten Haus entfernt hat.

Für die Besitzer der Tiere ist der Abschuss eine Tragödie, aus der Sicht vieler Jäger aber notwendig – um das Wild zu schützen, das sie später selbst töten. Den so genannten Jagdschutz leiten die Jagdgesetze der Länder aus dem Paragrafen 23 des Bundesjagdgesetzes ab. Danach dürfen Katzen und Hunde getötet werden, wenn sie "wildern".

Oft reiche aber schon die bloße Vermutung, damit Jäger zur Tat schreiten, kritisieren Christina Patt und Ellen Apitz von der Deutschen juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT).

Juristen: Abschuss von Hunden und Katzen "vollkommen unangemessen"

In einer aktuellen Stellungnahme machen die beiden Juristinnen klar: In den allermeisten Fällen fehlt der "vernünftige Grund" für eine Tötung, wie ihn das Tierschutzgesetz fordert. Denn Katzen stellten ohnehin kaum eine Bedrohung für Wild dar. Und Hundehalter könnten zwar im Nachhinein darlegen, dass von ihrem Tier keine Gefahr für Rehe und andere Wildtiere ausging. Das nütze dem erschossenen Hund allerdings wenig.

Ihr Fazit: Die rechtlichen Regelungen in den meisten Bundesländern seien "vollkommen unangemessen und damit unverhältnismäßig". Denn "zum Tod des Tieres kommen zusätzlich der massive Eingriff in die Eigentumsrechte des Halters, sowie schwere seelische Belastungen für diesen hinzu", sagt die die Juristin Christina Patt. Dem stehe, wenn überhaupt, nur ein vergleichsweise geringer Nutzen für das Wild gegenüber.

Auch der Ökologische Jagdverband (ÖJV) kritisiert den Abschuss von Hunden und Katzen – aus Tierschutzgründen. So heißt es etwa in seinen Leitlinien: "Der Abschuss wildernder Hunde und streunender Katzen ist zu verbieten bzw. nur nach behördlicher Einzelgenehmigung zuzulassen."

Empfehlungen für Hunde- und Katzenhalter

Christina Patt von der DJGT hofft, mit der Stellungnahme eine gesellschaftliche Debatte anzustoßen – und letztlich eine Überarbeitung der Landesgesetze. Unterdessen rät die Rechtsanwältin Hundehaltern dazu, ihren Hund jederzeit unter Kontrolle zu haben – "und ihn gegebenenfalls im Wald und an Feldern an der Leine führen, um ein potentielles Nachstellen zu verhindern". Halter von Katzen, die ins Freie dürfen, sollten ihre Katzen kastrieren lassen, um einer unkontrollierten Vermehrung vorzubeugen.

Wer verhindern will, dass sein Heimtier für "herrenlos" gehalten wird, sollte es chippen und registrieren lassen. So können die Tiere einfach identifiziert und zugeordnet werden.

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