Japanische Delfinjäger haben auch in diesem Jahr Hunderte Delfine in der Bucht von Taiji zusammengetrieben und getötet oder lebend gefangen. Nach Angaben der japanischen Nichtregierungsorganisation Life Investigation Agency (LIA) wurden in der diesjährigen Fangsaison zwischen September 2022 und März 2023 trotz internationaler Proteste insgesamt mindestens 527 Tiere für die Fleischindustrie getötet. Für den Verkauf an Aquarien seien 33 der Meeressäuger lebend gefangen worden.
Tierschützer kritisieren grausames Gemetzel
Die Jagd verläuft nach immer demselben Schema: Sobald die Jäger Delfine in der Umgebung von Taiji ausgemacht haben, treiben sie sie in der Bucht zusammen und legen ihren Orientierungssinn mit lauten Schlägen auf Metallstangen lahm. Gesunde Jungtiere – laut Tierschützern bevorzugt Weibchen – werden dann in Zusammenarbeit mit Delfintrainern im Auftrag in- und ausländischer Delfinarien vor einem Strand von Taiji aussortiert. Die übrigen Tiere werden in einer benachbarten Bucht abgeschlachtet – darunter sogar Muttertiere mit ihren Jungen. Wie die japanische Nichtregierungsorganisation Life Investigation Agency (LIA) mitteilte, habe man beobachtet, wie Delfingruppen mit stillenden Muttertieren attackiert und Babys auf offener See ihrem Schicksal überlassen wurden.
Lukratives Geschäft mit lebenden Delfinen
Während die Zahl getöteter Delfine und Kleinwale in Japan angesichts geringer Nachfrage nach dem oft mit Giftstoffen belasteten Fleisch deutlich zurückgegangen ist, ist der Export lebender Tiere für die an der Treibjagd beteiligten Fischer laut Umweltschützern ein höchst lukratives Geschäft. "In Japan werden die Treibjagden auf Delfine inzwischen nicht mehr durch den Verkauf von Delfinfleisch finanziert, sondern durch die skrupellose Nachfrage aus Delfinarien", beklagte Sandra Altherr von der Tier- und Artenschutzorganisation Pro Wildlife vor Beginn der jüngsten Jagdsaison.
Für einen lebenden Delfin werden 48.000 Dollar (rund 45.000 Euro) und mehr gezahlt, berichtet Tamara Narganes Homfeldt von der Walschutzorganisation Whale and Dolphin Conservation (WDC). In einem Blogeintrag rechnet LIA vor, dass mit dem Verkauf des Fleisches in dieser Saison umgerechnet rund 182.000 Euro erwirtschaftet werden. Dem stehen 341.000 Euro aus dem Verkauf von lebenden Tieren gegenüber.
280 Tiere werden für den Verkauf in Käfigen gefangengehalten
Nach LIA-Angaben werden die lebend gefangenen Tiere von den Jägern nicht direkt an Delfinarien verkauft, sondern über Zwischenhändler wie etwa die Taiji Municipal Development Corporation. In kleinen Käfigen in der Bucht von Taiji wird zurzeit eine Rekordzahl von 280 Delfinen für Unterhaltungsshows und für den späteren Verkauf gefangen gehalten.
Die meisten der intelligenten Meeressäuger werden nach China, aber auch an Länder des Mittleren Ostens verkauft. Nach Europa dagegen werden schon seit Jahren keine Wildfänge mehr importiert, wie Tamara Narganes Homfeldt berichtet. Doch in den zwei verbliebenen deutschen Delfinarien in Nürnberg und in Duisburg leben nach WDC-Angaben bis heute Tiere, die in Kuba und im Golf von Mexiko gefangen wurden.
Tierschützer kritisieren seit Jahren die Haltung von Delfinen in Delfinarien und Aquarien. "Delfine haben ein komplexes Sozialleben, während sie in Gefangenschaft getrennt von ihren Familien leben", sagt Tamara Narganes Homfeldt. "In den engen Betonbecken der Delfinarien können sie ihre natürlichen Bedürfnisse nicht befriedigen, Verhaltensstörungen sind die Folge."