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Falknerin und Fotografin Leben mit Eule und Hund: Nach einem Schlaganfall wurde Tanja Brandt zum Instagram-Star

Falknerin und Fotografin Tanja Brandt mit Eule und Schäferhund Ingo
Die Falknerin und Fotografin Tanja Brandt mit ihrem Steinkauz und Schäferhund Ingo
© Brandt
Vor zehn Jahren beschloss Tanja Brandt, ihr Leben zu ändern. Nach einem Schlaganfall kündigte sie ihren Job, machte eine Ausbildung zu Falknerin und fotografierte ein Jahr lang ihre Eulen und Hunde. Ihr bewegtes Leben und die witzigen Geschichten ihrer Tiere teilt sie auf instagram. Heute hat sie Fans auf der ganzen Welt – sogar in Hollywood

Tanja Brandt ist vor allem eins: authentisch. Beim Video-Interview entschuldigt sie sich dafür, dass sie so hibbelig ist. Als sie einen Schluck aus der Cola-Flasche nimmt, wirft sie aus Versehen einen Ordner vom Tisch. Das alles hat einen Grund: Brandt hat ADHS. Das erklärt ihren hohen Bewegungsdrang. Aber auch, warum sie den schriftlichen Test bei der Falknerei-Ausbildung schon nach wenigen Minuten abgegeben hat. Denn Menschen mit der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung sind häufig überdurchschnittlich intelligent.

"Eulen bestrafen dich sofort, wenn du einen Fehler machst"

Doch wenn Brandt mit toten Mäusen in der Hand hinaus in ihren Hof zu den Volieren geht, um ihre Schneeeulen, die Steinkäuze und den Bussard zu füttern, dann ist sie ganz ruhig. Aus einem einfachen Grund: Weil sie es muss. "Eulen bestrafen dich sofort, wenn du einen Fehler machst", sagt Brandt. Man müsse sich ganz langsam bewegen, wenn man es mit Eulen und Greifvögeln zu tun habe. "Sonst kratzen sie dich mit ihren Fängen und Krallen." Tanja Brandt schätzt es, dass sie bei Eulen so konzentriert sein muss. "Die holen mich komplett runter."

Schon als Kind pflegte Brandt verletzte Tiere

Vermutlich spüren Tiere, die über mehr Sinnesorgane verfügen als Menschen, aber auch, dass es die 54-Jährige gut mit ihnen meint. Denn Tanja Brandt hat ihr ganzes Leben lang verletzte Wildtiere zu sich geholt, um sie zu pflegen. Schon als Kind schmuggelte sie verwundete Spechte, Eichhörnchen, Frösche und Mäuse in das Haus ihrer Eltern, das neben einem Wald lag. Intuitiv hätte sie ihnen Futter und Wasser gegeben, ohne wirklich zu wissen, ob die Nahrung wirklich geeignet gewesen sei. "Aber ich hatte nur sehr wenige Verluste."

Als sie mit elf Jahren einen verletzten Mäusebussard fand, ging Tanja Brandt aber doch zum Tierarzt. Sie sagte ihm, sie hätte kein Geld, um ihn zu bezahlen. Da holte der Tierarzt eine Spritze. Kurze Zeit später war der Bussard tot. "Den stopfe ich mir aus", sagt der Tierarzt. Eine traumatische Erfahrung für die junge Brandt, die sich damals schreckliche Vorwürfe machte: "Ab diesem Tag habe ich mir geschworen: Ich kümmere mich nur noch selbst um die Tiere."

Eine Schneeeule schüttelt sich nach einem Bad das Wasser aus den Federn
Eine Schneeeule schüttelt sich nach einem Bad das Wasser aus den Federn
© Tanja Brandt

Der Schlaganfall hat Tanja Brandts Leben verändert. Heute lebt sie so, wie sie es immer wollte

Wildtiere zuhause zu pflegen ist eigentlich verboten. Deswegen wollte Tanja Brandt auch unbedingt die Ausbildung zur Falknerin machen. Doch lange fand sie nicht die Zeit dafür, weil sie durchgehend arbeitete – erst als Bürokauffrau, später als LKW-Fahrerin in einer Spedition. Irgendwann war der Stress zu viel. Brandt hatte einen schweren Schlaganfall. Sie konnte nicht mehr sprechen und nicht mehr laufen, musste alles wieder erlernen. Sie beschloss, ihr Leben zu ändern.

Tanja Brandt fotografiert in der Wildnis
Tanja Brandt: "Für ein gutes Wildlife-Foto robbe ich auch durch Schlamm. Ich bin dann im Tunnel und bekomme nichts mehr von der Außenwelt mit."
© Marion Vollborn

Brandt wollte ein Jahr lang nur mit ihren Tieren verbringen und sie fotografieren. Und schließlich, wenn es ihr besser ginge, den Falknerschein machen, damit sie offiziell Eulen halten und verletzten Vögeln helfen darf. Das Ziel: Kein Stress mehr, endlich glücklich sein. Und schöne Bilder von ihren Tieren machen. "Andere Fotografen machen es nie so, wie du es willst", findet Brandt. Ihr Ex-Mann hatte ihr eine Nikon samt Objektiven geschenkt. "Ich hatte keine Ahnung von Fotografie. Aber Kurse waren mir viel zu technisch. Ich habe mir alles selbst beigebracht."

Heute gilt Tanja Brandt als Expertin für Tier-Fotografie, gibt selbst Schulungen, hat Awards gewonnen. "Für ein gutes Wildlife-Foto robbe ich auch durch Schlamm. Ich bin dann im Tunnel und bekomme nichts mehr von der Außenwelt mit."

Sogar Hollywood-Stars posten ihre Bilder

So hart der Schicksalsschlag war – er hat Tanja Brandt zu dem glücklichen Leben gebracht, das sie heute führt. Seit über zehn Jahren hält sie in Volieren auf ihrem Hof unter anderem Wüstenbussarde, Steinkäuze, Schneeeulen. Dazu nimmt sie verletzte Tiere auf und pflegt sie gesund. Danach lässt sie diese wieder frei. "Bei Falkner*innen gibt es ganz strenge Gesetze. Ich halte nur noch Zuchtvögel, die dafür gemacht sind. Die erkennt man daran, dass sie einen kleinen Ring am Fuß haben. Dieser ist gesetzlich vorgeschrieben." 

Brandt gehört heute zu den bekanntesten Tier-Fotografinnen Deutschlands, hat über 400.000 Follower auf Instagram. Dort postet sie nicht nur beeindruckende Bilder, sondern berichtet auch vom Ausbau eines Hofes mit ihrem neuen Freund. Oder von ihrer ADHS-Erkrankung. Oder einfach davon, was ihre zwei Schäferhunde wieder Freches angestellt haben. Und das so sympathisch und authentisch, dass manche Menschen offenbar glauben, sie würden Tanja Brandt wirklich kennen.

"Mich rufen wildfremde Frauen an und erzählen von ihren Beziehungsproblemen", erzählt Brandt. "Wenn ich eine 0190-Nummer hätte, könnte ich gut Geld verdienen." Manchmal wollten Besucher ihrer Fotokurse danach nicht mehr gehen, und blieben einfach in ihrem Wohnzimmer sitzen. Daher würde sie jetzt nur noch Menschen zu sich nachhause einladen, die eine schwere Krankheit haben – oder ihr beim Hausbau helfen möchten. "Letztens ist ein Mann 500 Kilometer gefahren, um Steine hin und her zu schleppen", erzählt Brandt. "Wahnsinn."

Sogar in Hollywood hat Tanja Brandt Fans. "Herr der Ringe"-Darsteller Orlando Bloom (sieben Millionen Follower) und Sängerin Vanessa Hudgens (50 Millionen Follower) haben bereits Brandts Bilder in ihren Feeds geteilt.

Schäferhund und Eule
Steinkauz im Maul: Tanja Brandts Schäferhund Ingo liebt ihre Eulen. Das war nicht immer so
© Tanja Brandt

Schäferhund Ingo: Eulen sind "seine Lebensaufgabe"

Was ihre Follower besonders begeistert, sind die Geschichten und Fotos von Schäferhund Ingo (ein Malinois) und den Eulen. Mal hat Ingo einen Steinkauz im Maul, mal sitzt einer auf seinem Kopf. Ingo hat Eulen zu seiner Berufung gemacht. Dafür gibt es einen rührenden Grund, wie Tanja Brandt erzählt:

"Der Ingo war immer wild und ein Eigenbrödler. Nach der Trennung von meinem Ex-Mann habe ich ihn zu mir genommen. Ich habe Ingo nicht ganz getraut. Als ich meinen ersten Steinkauz Poldi hatte, habe ich immer darauf geachtet, dass die sich nicht begegnen.

Doch eines Tages hatte die Putzfrau die Tür zum Büro aufgelassen. Da komme ich in das Zimmer, der Steinkauz sitzt auf einem Stuhl und Ingo schnüffelt an ihm. Beide waren ruhig und interessiert. Doch ich dachte, das war es mit Poldi. Um das abzuwenden, habe ich den Hund total gelobt. 'Toll machst du das, ganz fein.' Ich glaube, Ingo war sehr stolz, weil ich ihn zum ersten Mal so sehr gelobt habe. Ab dem Zeitpunkt wollte er immer mit zu den Eulen – zu den Volieren und mit auf Spaziergänge. Ingo hat Poldi wahrscheinlich wirklich gemocht, und dann hat ihn das Lob noch bestärkt", erzäht Brandt. Dadurch hätte sich auch die Beziehung zwischen ihr und Ingo sehr verbessert. "Die Vögel haben einen besseren Hund aus ihm gemacht."

Früher hätte sie nie selbst die Eule für ein Foto auf den Hund gesetzt, sagt Tanja Brandt. Einmal waren die beiden dann spazieren. Ein Waldkauz schrie aus dem Wald heraus. Da sei Poldi plötzlich auf Ingos Kopf geflogen, zwischen seine Ohren. Ingo hätte sich dann ganz groß gemacht. Und Poldi hätte zurück gekreischt. Nach dem Motto: "Komm nur her, wir machen dich fertig!"

Letztes Jahr hat Ingo dann geholfen, das Steinkauz-Weibchen Albi aufzupeppeln, Poldis Enkelkind. Albi war nach dem Angriff eines Mauswiesels das letzte lebende Steinkauz-Küken, das Tanja Brandt im Nest finden konnte. Es konnte kaum noch atmen. Mit liebevoller Hingabe schaffte es die Falknerin, dass Albi überlebt. "Dabei hatte ich sie schon abgeschrieben." Wie rührend Ingo mit Albi kuschelte, zeigte Brandt ihren Followern auf Instagram.

Belgische Schäferhunde bräuchten eine Aufgabe im Leben, sagt Tanja Brandt. Das ist für Ingo das Pflegen der Eulen. Genau, wie für sie selbst.

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